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Eine Super-Röhre für die Dresdner Chipindustrie

Die Fachleute sind glücklich. Der Durchstich der letzten Bohrung für den Anschlusskanal der Chipindustrie ist an der Königsbrücker Straße geschafft, v.l.: Projektleiter Heiko Nytsch und Tunnelpatin Cornelia Karasek von der Stadtentwässerung sowie Niederlassungschef Frank Schönstädt und Bauleiter Denny Weber von der Spezial-Tiefbaufirma Braumann. Foto: Peter Hilbert
Die Fachleute sind glücklich. Der Durchstich der letzten Bohrung für den Anschlusskanal der Chipindustrie ist an der Königsbrücker Straße geschafft, v.l.: Projektleiter Heiko Nytsch und Tunnelpatin Cornelia Karasek von der Stadtentwässerung sowie Niederlassungschef Frank Schönstädt und Bauleiter Denny Weber von der Spezial-Tiefbaufirma Braumann. Foto: Peter Hilbert

Der Tunnelbohrer hat sein Ziel an der Königsbrücker Straße erreicht. Welche Arbeiten jetzt noch nötig sind, damit Infineon, Bosch & Co. ihr Abwasser direkt nach Kaditz leiten können. Auch Radebeul ist betroffen.

Während auf einer Seite der Königsbrücker Straße das neue Infineon Werk – gesäumt von Baucontainern – emporragt, stehen auf der anderen Seite die Tunnelbauer von der Stadtentwässerung Dresden und der Spezialtiefbaufirma Braumann. Für sie war der 10. Dezember ein besonderer Tag. An dem hat die Tunnelbohrmaschine beim Bau des Industriesammlers Nord ihr Ziel erreicht. Auch Cornelia Karasek hat es sich als Tunnelpatin für diesen letzten Abschnitt nicht nehmen lassen, mit dabei zu sein. Die Dresdnerin plant bei der Stadtentwässerung als CAD-Konstrukteurin solche großen Kanäle. 

Mit dieser Super-Röhre erhalten die Firmen von Dresdens wachsender Chipindustrie einen leistungsfähigen Abwasseranschluss. Begonnen hatte der Bau mit dem symbolischen Spatenstich am Klärwerk Kaditz im Juli 2023. Das Elbehochwasser zum Jahreswechsel 2023/2024 flutete Baugruben, Altlasten am Heller bescherten Zusatzaufwand. Doch jetzt ist das Bauende in Sicht.

Der Bohrer hat’s geschafft

Investitionschef Torsten Seiler von der Stadtentwässerung und der Bauleiter der Spezial-Tiefbaufirma Braumann, Denny Weber, verfolgen das Ereignis direkt in der tiefen Zielgrube. Fast eine Stunde dauert es, bis der Bohrkopf gegen 9 Uhr langsam durch die Erde kommt – der Durchstich ist geschafft. Auf 360 Metern hat die Tunnelbohrmaschine in bis zu zehn Metern Tiefe die Bohrung durch den sandigen Untergrund getrieben, durch die parallel dazu die zwei Meter hohe Stahlbetonröhre hindurchgepresst wurde. Start war in der Baugrube neben dem Moritzburger Weg in Hellerau.  


Bauleiter Denny Weber (l.) von der Firma Braumann und Investitionschef Torsten Seiler von der Stadtentwässerung freuen sich, dass der Bohrer nach 360 Metern die Baugrube an der Königsbrücker Straße erreicht hat. Weber als Bauleiter der Firma Braumann arbeitet mit seinen Leuten von Anfang an am Bau des insgesamt zehn Kilometer langen Kanals für die Dresdner Chipindustrie mit. Foto: Peter Hilbert


Knapp drei Wochen haben diese Arbeiten gedauert. Täglich sind die Spezialtiefbauer beim Rohrvortrieb 15 bis 20 Meter vorwärtsgekommen. In dem sandigen Boden gab es zum Glück keine Hindernisse. „Jetzt haben wir es geschafft“, sagt Bauchef Schönstädt.

76 Millionen für Dresdens neue Superröhre

Mit den neuen Chipwerken wäre das vorhandene Kanalnetz überlastet. Deshalb baut die Stadtentwässerung für rund 76 Millionen Euro den rund zehn Kilometer langen Hauptkanal vor allem für die Abwässer der Mikroelektronik-Betriebe. Der Nordkanal führt vom Klärwerk an der Elbe aus parallel zur Autobahn und durch den Heller bis zur Königsbrücker Straße (siehe Grafik). Unterwegs fließt dabei das Abwasser von den Gewerbegebieten in Rähnitz und Wilschdorf in den Kanal.

Etwa zehn Millionen Kubikmeter Industrieabwasser fließen aktuell zur Kläranlage. Allein die Werke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab leiten schon jetzt 93 Prozent der Dresdner Industrie-Abwässer ein. In den kommenden Jahren wird sich die Industrieabwassermenge nochmals stark erhöhen. Das vorhandene Kanalnetz wäre damit überlastet. „Rund drei Kilometer des Kanals werden in offener und sieben Kilometer in geschlossener Bauweise hergestellt“, erklärt Investitionschef Seiler. Offen heißt, dass Gräben ausgebaggert und Rohre verlegt werden.

Beim geschlossenen Verfahren werden Stahlbetonröhren durch die Erde gepresst. In die werden dann noch 1,2 Meter hohe Kunststoffleitungen gezogen, da dort das Abwasser unter Druck fließt

Weitgehend abgeschlossen sind die Arbeiten im ersten, rund 2,3 Kilometer langen Abschnitt vom Klärwerk bis zum Kaditzer Riegelplatz. „Derzeit werden noch Flächen wiederhergestellt, Leitungen zurückverlegt und Straßen wiederhergestellt“, erklärt Projektleiter Heiko Nytsch von der Stadtentwässerung. „Bis Februar werden alle Arbeiten beendet.“ 

Gewaltiges Abwasserbauwerk in Radebeuler Baugrube

Durchgängig ist jetzt auch der Kanal im anschließenden, 1,9 Kilometer langen Stück entlang der Autobahn vom Riegelplatz bis zum Sternweg. Dort müssen ebenfalls solche Wiederherstellungsarbeiten ausgeführt werden, erläutert Nytschs Projektleiter-Kollege Rainer Aurin. Außerdem ist in der Doppelstartgrube an der Radebeuler Forststraße noch ein Abwasserbauwerk zu errichten. Von dort aus war die Stahlbetonröhre in beide Richtungen durch den Untergrund gepresst worden. „Dort werden wir die Arbeiten spätestens im Juni beenden“, schätzt er ein.

Die unterirdische Trasse führt am Sternweg unter der A 4 hindurch bis zum Beginn der 1,2 Kilometer langen Neuländer Straße, die die Stadt später sanieren will. Vorher verlegt die Stadtentwässerung im dritten Abschnitt den Kanal in offener Bauweise. „Über drei Viertel der Kanäle sind verlegt“, sagt Projektleiter Nytsch. „Es fehlen jetzt nur noch die letzten 200 Meter bis zur Moritzburger Landstraße.“ 

Im Februar rücken die Prüfer an

Hinter dem Wilden Mann geht es im vierten, 1,5 Kilometer langen Abschnitt in Richtung des Autobahnzubringers auf der Radeburger Straße weiter. „Der Abschnitt ist bis auf einige Restarbeiten fertiggestellt“, so Nytsch. Im Februar werden die gesamten Anlagen fachlich abgenommen.

Auf gut 2,6 Kilometern ist jetzt die unterirdische Rohrtrasse zwischen Radeburger Straße durch den Heller bis zur Königsbrücker Straße verlegt. Jetzt müssen nur noch einige Abwasserbauwerke in den Baugruben errichtet, diese dann wieder verfüllt und die letzten Wiederherstellungsarbeiten ausgeführt werden.  

Klein, aber nicht unbedeutend ist der letzte Abschnitt über die Königsbrücker Straße an der Infineon-Zufahrt. Dort muss der Kanal ab Jahresanfang auf 40 Metern quer über die Straße gebaut werden. „Das ist ein kompliziertes Stück“, erklärt Nytsch. Denn dort muss nach und nach jeweils eine Spur gesperrt werden, sodass es eine Engstelle geben wird. Er ist aber zuversichtlich, auch das zu schaffen.  

Beim Bau ist der Stadtentwässerung und den beteiligten Firmen das Unvorstellbare gelungen. „Als wir 2023 angefangen haben, hätten wir uns nicht vorstellen können, überpünktlich fertig zu werden“, sagt Investitionschef Seiler. Jetzt könne das Abwasser der Chipindustrie statt wie geplant im August schon im Mai nächsten Jahres durch die neue Super-Röhre nach Kaditz fließen. Die letzten Restarbeiten werden bis Ende nächsten Jahres abgeschlossen. 

Dass sich die geplanten Baukosten um rund fünf Millionen auf 76 Millionen Euro erhöht haben, hält Seiler im Tiefbau noch für ein gutes Ergebnis. Schließlich sei es ein erheblicher Aufwand gewesen, am Hellerauer Augustusweg Altlasten wie Stahl oder eine alte Hausmülldeponie beseitigen oder den Untergrund auf alte Kampfmittel untersuchen lassen zu müssen.

Text: Peter Hilbert

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