Die Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft Dresden investiert jedes Jahr zwischen 25 und 30 Millionen Euro in die Sanierung und Instandhaltung ihrer Wohnungen. Die Nachfrage ist hoch, Leerstand gibt es nur dann, wenn Gebäude vor einer grundhaften Sanierung leergezogen werden. Für seniorengerechten Wohnraum und große Wohnungen für Familien gibt es besonders lange Wartelisten. Das teilte das Unternehmen am Dienstag mit.
Vor diesem Hintergrund konzentriert die EWG ihre Investitionsvorhaben seit längerem auf den bedarfsgerechten Komplettumbau und die energetische Sanierung von Plattenbauten aus DDR-Zeiten in Gorbitz. Gefragt sind energieeffiziente, seniorengerechte, barrierearme Wohnungen mit Balkon, welche mit Aufzug erreichbar sind, sowie Wohnungen mit mehr als 4 Zimmern für Familien.
Ein Beispiel für den grundhaften Umbau eines Plattenbaus ist die Hainbuchenstraße 2–16, wo aus 180 vorrangig Kleinstwohnungen 82 verschiedene Wohnungen von der seniorengerechten 2-Raum-Wohnung bis zur großen 6-Raum-Familienwohnung entstanden sind.
Fördermittel, damit der Wohnraum trotz hoher Baukosten bezahlbar bleibt
Angesichts der stark gestiegenen Baukosten wird es allerdings immer schwerer, die sanierten Wohnungen zu bezahlbarem Mietpreis bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit für die Genossenschaft anzubieten. Daher hat die EWG Fördermittel nach der „Förderrichtlinie preisgünstiger Mietwohnraum (FRL pMW)" beantragt und bewilligt bekommen.
Voraussetzung für den Einzug in eine der geförderten Wohnungen ist ein sogenannter „Wohnberechtigungsschein WBS pMW". Aktuell entstehen auf Basis dieser Richtlinie bis Ende 2026 auf der Birkenstraße 1–7 insgesamt 53 Zwei- bis Vierraumwohnungen und auf der Harry-Dember-Straße 1–9 insgesamt 78 Wohnungen. Den Anfang machten die Wohnungen auf der Ginsterstraße 38–44, dieses Haus wurde in diesem Jahr bewohnt modernisiert. Alle diese Wohnungen werden künftig bei Neubezug gegen Vorlage des WBS vermietet.
Angebot und Nachfrage finden nicht zusammen
Der Wohnraum ist vorhanden. Die Wohnungen selbst stoßen auf eine große Nachfrage. Doch in der Praxis zeigt sich ein Widerspruch: Die Nachfrage ist da – aber sie kommt bei den geförderten Wohnungen oft nicht an.
Aus den Erfahrungen der EWG treten in der Praxis zwei Problemfelder auf:
- Große Hemmschwelle, einen Wohnberechtigungsschein beim Sozialamt zu beantragen. Menschen, die eigentlich anspruchsberechtigt wären, bewerben sich nicht. Sie lesen „Wohnberechtigungsschein erforderlich" – und wenden sich ab. Der Antrag auf einen Wohnberechtigungsschein muss beim Sozialamt eingereicht werden. Genau das ist eine große Hürde für viele Interessenten. Sie scheuen den bürokratischen Aufwand und haben Sorge, stigmatisiert zu werden.
- Die Einkommensgrenzen müssen endlich angehoben werden. Die Einkommensgrenzen für den Anspruch auf einen WBS wurden 2021 das letzte Mal angepasst. Das bedeutet in der Praxis, dass die Gruppe der Berechtigten immer kleiner wird.
Die wirtschaftliche Realität verschärft das Problem. Hinzu kommt eine wirtschaftliche Entwicklung, die immer mehr Menschen in eine schwierige Lage bringt. Werksschließungen, Stellenabbau, unsichere Beschäftigungsverhältnisse – der wirtschaftliche Aufschwung ist nicht in Sicht. Gleichzeitig steigen die Lebenshaltungskosten: Heizung, Strom, Lebensmittel. Vor diesem Hintergrund steigt die Nachfrage von Berufstätigen mit geringem Einkommen nach bezahlbarem Wohnraum immer mehr an. Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und die allgemein steigenden Kosten bewegen sie, bei einem Umzug eine preisgünstige Wohnung zu suchen.
Wer arbeitet, hat das Nachsehen. Die Konsequenz ist paradox: Wer knapp über Mindestlohn verdient, bekommt keinen Wohnberechtigungsschein – er gilt als „zu reich". Aber eine sanierte Wohnung auf dem freien Markt mit Mieten um 10 Euro pro Quadratmeter kann er sich nicht leisten – dafür ist er „zu arm". Diese Menschen fallen durch das Raster. Im Gegensatz dazu wird im Bürgergeld die Miete vom Amt übernommen. Der berufstätige Geringverdiener hingegen zahlt sie selbst – und hat am Ende weniger in der Tasche als jemand, der nicht arbeitet. Das ist das falsche Signal. Arbeit muss sich lohnen – auch beim Wohnen.
„Es ist paradox", bringt es EWG-Vorstand Antje Neelmeijer auf den Punkt. „Im Grunde genommen sind es berufstätige Menschen, die mit ihren Steuern dazu beitragen, dass Fördermittel für die Sanierung von Wohnraum ausgereicht werden können. Doch berufstätige Geringverdiener haben momentan kaum eine Chance auf eine der geförderten Wohnungen. Das ist nicht fair. Das Ziel der Förderung und die Chance, diese in der Praxis umzusetzen, klaffen auseinander."
Was sich ändern muss
Vor diesem Hintergrund fordert die EWG:
- Die Einkommensgrenzen müssen endlich an die realen Einkommen angepasst werden. Wenn der Mindestlohn steigt, müssen die Grenzen mitsteigen – sonst wird das Programm für die arbeitende Bevölkerung wirkungslos.
- Die Kommunikation muss verbessert werden. Es braucht mehr Aufklärung, weniger bürokratische Sprache und eine klare Botschaft: „Berechtigt – nicht bedürftig!"
- Förderprogramme müssen sich an der wirtschaftlichen Realität orientieren – nicht an Zahlen von vor vier Jahren.
Der Wohnraum ist da. Die Hürden müssen abgebaut werden, damit er bei den Menschen ankommt, für die er gedacht ist.
Mit mehr als 8.600 Wohnungen gehört die EWG zu den fünf großen Wohnungsgenossenschaften in Dresden. Die Wohnungen befinden sich in den Stadtteilen Gorbitz, Löbtau, Cotta, Briesnitz, Naußlitz und Dölzschen. Der größte Teil des Wohnungsbestandes – knapp 6.000 Wohnungen – konzentriert sich in Gorbitz. Hier leben etwa 10.000 Menschen in den Wohnungen der EWG. Insgesamt zählt die Genossenschaft über 10.000 Mitglieder. Zu den 74 Beschäftigten zählen sieben Auszubildende. Die durchschnittliche Nettokaltmiete über alle Wohnungen liegt bei 6,50 Euro pro m². Dank der schrittweisen energetischen Sanierung des Bestands bewegen sich die durchschnittlichen Nebenkosten pro m² um die 2,60 Euro.