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Bis Januar wird das Blaue Wunder verhüllt

Durch diese tunnelartige Schutzkonstruktion rollt jetzt der Verkehr über die Loschwitzer Brückenhälfte des Blauen Wunders. Steht das komplette Gerüst, verschwindet es unter einer zweilagigen Plane. Foto: Peter Hilbert
Durch diese tunnelartige Schutzkonstruktion rollt jetzt der Verkehr über die Loschwitzer Brückenhälfte des Blauen Wunders. Steht das komplette Gerüst, verschwindet es unter einer zweilagigen Plane. Foto: Peter Hilbert

Nach den nächtlichen Sperrungen haben die Gerüste sichtbare Konturen angenommen. Welche Arbeiten unter der Hülle beginnen und wie die frische Farbe aufgebracht wird.

Unterm Loschwitzer Pylon des Blauen Wunders in Dresden bietet sich seit Anfang dieses Monats ein neues Bild. Neben und über der Fahrbahn ist eine stabile Schutzkonstruktion errichtet worden, sodass Kraftfahrer wie durch einen kleinen Tunnel fahren. Bis November war das Hängegerüst unter dem Loschwitzer Brückenteil weitgehend fertiggestellt worden. Die „Hängerüstung“, wie dieses Gerüst in der Fachsprache heißt, „ist Zuwegung und Arbeitsebene für die Korrosionsschutzarbeiten an der Bauwerksunterseite“, erklärt das Straßen- und Tiefbauamt   

Gerüstbauer haben jetzt nächtliche Sperrpausen während der beiden letzten Novemberwochenenden genutzt, um mit der Montage der Gerüste und der speziellen tunnelartigen Schutzkonstruktion für den Verkehr oberhalb der Fahrbahn zu beginnen. Seitdem arbeiten die Gerüstbauer weiter, wachsen die Gerüste zusehends. 

Eigentlich sollten diese Gerüste bereits im Oktober aufgebaut werden. Doch das musste verschoben werden, da zuvor wichtige tragende Stahlbauteile ausgetauscht werden. „Es handelte sich um Bauteile der Konstruktion, welche durch Fahrzeuganprall verformt waren“, erläutert das Straßenbauamt. „Hierzu gehörten insgesamt drei statisch relevante, sogenannte Hänger. Das sind vertikale Streben, die die Lasten aus der Fahrbahn in die Brücke überleiten.“

Mittelteil strahlt schon fast drei Jahre in frischem Blau 

Die Sanierung des 132 Jahre alten Blauen Wunders ist dringend nötig. Schließlich befindet sich das Dresdner Wahrzeichen zum Großteil noch in einem desolaten Zustand. Krasse Gegensätze prägen dort das Bild. Während am Mittelteil frische blaue Farbe hell in der Sommersonne strahlt, ist der Rost am Loschwitzer und Blasewitzer Brückenteil deutlich sichtbar. Bei der jüngsten Hauptprüfung im vergangenen Jahr war die Brücke mit der Zustandsnote 3,0 bewertet worden, was für „nicht ausreichend“ steht. Das ist die zweitschlechteste Zustandsnote auf der bis 4 reichenden Skala.

Insgesamt muss am Blauen Wunder eine Gesamtfläche von rund 40.000 Quadratmetern mit frischer Farbe gestrichen werden. Im ersten Bauabschnitt war das Mittelteil des 280 Meter langen Dresdner Wahrzeichens saniert worden. Dabei erhielten zwischen Februar 2022 und März 2023 bereits 5.000 Quadratmeter einen frischen Rostschutz.

Eigentlich sollten die Arbeiten im Juni 2023 fortgesetzt werden. Doch das hatte ein juristischer Streit um die Auftragsvergabe verhindert. Nach einem Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaats vom 15. November 2023 hob die Stadt im Januar 2024 das gesamte Vergabeverfahren auf und schrieb den Auftrag später neu aus.


Rost ist an vielen Stellen von Dresdens berühmter Brücke sichtbar. Auch deshalb hat das Blaue Wunder beim Brücken-TÜV eine schlechte Note bekommen. Foto: Peter Hilbert

 

Der Auftrag zum neuen Korrosionsschutz und den Stahlbau war im April dieses Jahrs an die Leonhard Weiss GmbH & Co. KG vergeben worden. Sie gehört mit 7700 Beschäftigten und 32 deutschen Standorten zu den größten Bauunternehmen in Europa. Bis Ende 2029 muss die Firma die Loschwitzer Brückenseite des Blauen Wunders sanieren. Dazu gehört jedoch nicht nur der Korrosionsschutz, sondern auch die stahlbaumäßige Instandsetzung dieser Bauwerkshälfte und einiger weiterer statisch notwendiger Bauteile am Gesamttragwerk. Parallel dazu kann ab 2026 mit der Instandsetzung des Blasewitzer Brückenteils begonnen werden, der 2030 saniert sein soll.

Möglich wurde das, da aus dem vom Stadtrat beschlossenen Brückenfonds rund 3,6 Millionen Euro dafür eingesetzt werden können. Das Gesamtvorhaben soll knapp 38 Millionen Euro kosten. Rund 17,5 Millionen Euro davon sind für den Loschwitzer Teil vorgesehen. Die Hälfte der Baukosten erhält die Stadt aus dem Fördertopf für kommunalen Straßenbau vom Freistaat.

Gerüste verschwinden unter Planen

Baustatiker haben genau berechnet, wie die Stahlkonstruktion während der Sanierung bei laufendem Verkehr belastet werden kann. „Die Bauwerkshälfte soll in sieben Unterabschnitte unterteilt werden, welche sukzessive nacheinander – jeweils zwei Abschnitte parallel – abgearbeitet  werden“, hatte das Straßenbauamt das Vorgehen erläutert. Zum Schutz der Umwelt verschwinden die Gerüste wie bereits beim Mittelteil unter den zweilagigen weißen Planen. Je höher sie emporragen, beispielsweise am Pylon, umso schmaler werden sie. Schließlich soll das statische System nicht überlastet werden. 

Ab Januar wird alte Farbe abgestrahlt

Das denkmalgeschützte Bauwerk erhält wieder den blauen Farbton wie zur Übergabe 1893. Bei Untersuchungen unterm Mikroskop waren sechs bis sieben Schichten gefunden worden, darunter auch die ursprüngliche Farbe von 1893. Ihren letzten Anstrich hatte die Brücke zu Wendezeiten erhalten.

Zum Auftakt wird die alte Farbe abgestrahlt. „Wir rechnen derzeit damit, dass die Strahlarbeiten ab der dritten Januarwoche beginnen können“, kündigt das Straßenbauamt an. „Kurz davor wird der Abschnitt vollständig eingerüstet und verhüllt sein.“ Wenn das Wetter mitspielt, soll vier bis sechs Wochen später mit den Anstricharbeiten begonnen werden.

Aufgebracht werden müssen insgesamt vier Farbschichten. Bei jeder davon wird ein Teil per Hand gestrichen. „Kanten und Nietköpfe sind immer händisch zu bearbeiten, bevor mit einem speziellen Airless-Verfahren die restliche Beschichtung mittels Strahlpistole aufgebracht wird“, erläutert das Fachamt. Beim Airless-Spritzen wird die Farbe ohne Luft durch einen hohen Druck zerstäubt.

In sehr dünnen Bauteilspalten werde eine besondere Flutdüse verwendet, die die Farbe auf den Stahl aufspritzt. Falls nötig, werden in der kalten Jahreszeit auch Heißlüfter eingesetzt, um die Anstrich- und Spritzarbeiten fortsetzen zu können.

„Vorgesehen sind auch eine Vielzahl von kleineren Reparaturen“, erklärt das Straßenbauamt. Als Beispiele führt es den Tausch von Nietverbindungen oder das Entfernen von Rostschäden an Blechkanten an. „Des Weiteren muss die Konstruktion intensiv untersucht werden, um weitere, durch die Altbeschichtung überdeckte Schädigungen nach dem Strahlen finden und bewerten zu können.“

Nach neuem Anstrich folgen weitere Arbeiten

Hat die Loschwitzer Brücke mit der frischen Farbe einen ordentlichen Korrosionsschutz, sind weitere Millionen nötig. So sind Instandsetzungen an den beiden Ankerkammern, den Pfeilern sowie Lagern und an der Fahrbahn nötig. Insgesamt wird mit Kosten von bis zu 130 Millionen gerechnet, die sich bei den derzeitigen Preissteigerungen aber noch erhöhen können.

Text: Peter Hilbert

Unterstützt von:

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