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Wieder mehr Interesse an Alphabetisierungskursen

Ein Mann macht mit einem Bleistift Schreibübungen. / Foto: Christoph Soeder/dpa/Symbolbild
Ein Mann macht mit einem Bleistift Schreibübungen. / Foto: Christoph Soeder/dpa/Symbolbild

Viele Menschen im Erwachsenenalter können nur mit Mühe lesen und schreiben. Solange sie im Alltag klarkommen, wird das häufig tabuisiert. Doch das Interesse an Alphabetisierungskursen steigt wieder.

Lesen und Schreiben lernen im Erwachsenenalter: Nach einem Rückgang während der Corona-Pandemie kommen jetzt wieder mehr Menschen in die Alphabetisierungskurse der Volkshochschulen in Sachsen. Dennoch erreichten die Angebote bisher nur einen kleinen Teil der Menschen, denen das Lesen und Schreiben schwerfalle, sagt die Projektkoordinatorin der Koordinierungsstelle Alphabetisierung und Grundbildung, Lisa Edler.

Ihren Angaben zufolge hat sich die Zahl der Kursteilnehmer 2022 auf fast 400 verdoppelt, verglichen mit dem Vorjahr. Im Vor-Corona-Jahr 2019 hatten fast 700 Menschen die Kurse besucht. Als 2020 und 2021 wegen des Infektionsschutzes teilweise per Internet unterrichtet werden musste, schrumpften die Teilnehmerzahlen auf zunächst 400 und dann auf 200.

Neben den Alphabetisierungskursen in Volkshochschulen werden auch von weiteren Trägern wie dem Bildungswerk der Sächsischen Wirtschaft, dem Christlichen Jugenddorfwerk Deutschland, dem Internationalen Bund (IB) oder der Dresden International University (DIU) Kurse angeboten, die über den Sozialfonds der Europäischen Union gefördert werden.

Laut Kultusministerium haben schätzungsweise 300.000 Menschen in Sachsen so geringe Lese- und Schreibkenntnisse, dass sie nicht in der Lage sind, die Mindestanforderungen der Schriftsprache zu erfüllen und sie im Alltag anzuwenden. Bundesweit sollen etwa 6,2 Millionen Menschen betroffen sein. In diesem Jahr hatte das Kultusministerium die landesweite Koordinierungsstelle für Alphabetisierung und Grundbildung in Sachsen «ALFAplus» als Anlaufpunkt dem Sächsischen Volkshochschulverband übertragen.

Von 2014 bis 2020 wurden landesweit rund 19 Millionen Euro Fördermittel für Alphabetisierungskurse bereitgestellt. Von 2021 bis 2027 wird den Angaben des Ministeriums zufolge ein Gesamtbetrag von rund 29 Millionen Euro von EU und Freistaat der Alphabetisierung und Grundbildung zur Verfügung gestellt.

Probleme im Elternhaus, negative Schulerfahrungen, ein geringes Selbstbewusstsein oder schlicht Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb können Edler zufolge Ursachen sein. Für die meisten von ihnen sei Deutsch Erstsprache. Mehr als die Hälfte sei älter als 45 Jahre, rund 60 Prozent seien erwerbstätig.

Solange die Menschen privat und im Beruf halbwegs klarkämen, werde das Problem häufig tabuisiert - sowohl von den Betroffenen als auch deren Umfeld, sagte Edler. «Manche haben Arbeitsabläufe auswendig gelernt, um nicht aufzufallen.» Von den Alphabetisierungskursen wüssten die Betroffenen oft nicht. Menschen mit schlechten Lernerfahrungen fehle oft auch der Mut und die Motivation, sich als Erwachsener noch einmal auf die Schulbank zu setzen und neben Arbeit und Familienalltag noch regelmäßig einen Kurs zu besuchen.

Speziell für Migranten bietet die Bénédict School in Zwickau Integrationskurse mit Alphabetisierung an. Derzeit laufen fünf einjährige Kurse mit zusammen 69 Teilnehmenr. 41 Interessenten stehen auf der Warteliste. «Leider können wir nicht so viele neue Kurse beginnen, weil es immer weniger Dozenten gibt, die eine Zulassung für den Unterricht in Alphabetisierungskursen haben», sagte Daniela Bittermann von der Bénédict School. Wegen der begrenzten Kapazität von maximal 16 Teilnehmern pro Kurs sei die Wartezeit oft sehr lang.

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