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Künstliche Intelligenz in Sachsen 2025 – Zwischen Standortchance und Regelungsvakuum

Fortschritt erfordert nicht nur Rechenleistung, sondern auch klare gesetzliche Leitplanken. / Foto: Google DeepMind auf Pixabay.com
Fortschritt erfordert nicht nur Rechenleistung, sondern auch klare gesetzliche Leitplanken. / Foto: Google DeepMind auf Pixabay.com

Sachsens KI-Infrastruktur wächst rasant – doch fehlende Zuständigkeiten und schleppende Umsetzung der EU-Verordnung bremsen das Potenzial spürbar aus.

Sachsen zählt zu den aktivsten Regionen Deutschlands, wenn es um Forschung, Anwendung und Infrastruktur im Bereich Künstlicher Intelligenz geht. Doch während Exzellenzcluster wie ScaDS.AI oder das Industriecluster Silicon Saxony europaweit Maßstäbe setzen, fehlt es auf politischer Ebene an Klarheit bei der Umsetzung der EU-KI-Verordnung. Die Kritik an fehlender Aufsicht, langen Übergangsfristen und unklaren Zuständigkeiten wird lauter – auch von sächsischen Akteuren. Wie gut ist Sachsen auf die anstehenden Pflichten vorbereitet, und wo drohen rechtliche sowie praktische Konflikte?

Silicon Saxony: Technologische Exzellenz allein reicht nicht mehr aus

Das KI-Ökosystem in Sachsen ist beeindruckend: Neben der TU Dresden, der HTWK Leipzig und der Bergakademie Freiberg beteiligen sich zahlreiche Institute und Unternehmen an anwendungsnaher Forschung. Spinncloud Systems, ein KI-Chip-Start-up aus Dresden, hat 2025 einen Großauftrag für adaptive KI-Prozessoren erhalten. Das Projekt ist Teil des „Competence Center Chip Design“, das mit bayerischen Partnern europäische Souveränität im Chipdesign sichern soll.

Doch gerade im Bereich Hochrisiko-KI zeigt sich: Die gesetzliche Regulierung hält mit der Entwicklung nicht Schritt. Nach der EU-KI-Verordnung gelten zentrale Auflagen für Hochrisiko-Systeme – etwa im Bereich biometrischer Überwachung, Bildung oder Verwaltung – erst ab 2026 bzw. 2027. Digitalexpertin Anke Domscheit-Berg spricht in diesem Zusammenhang von einem „Regelungsvakuum mit Ansage“.

Zwischen Vertrauen und Transparenz – Praxisnahe Umsetzung fehlt

Die EU-Verordnung sieht ab August 2026 Transparenzpflichten für risikobehaftete KI-Systeme vor. Schon jetzt müssen GPAI-Anbieter (KI mit allgemeinem Verwendungszweck) Informationen zu Modellgröße, Trainingsdaten und Einsatzgrenzen offenlegen. Doch in der Praxis hapert es an standardisierten Vorlagen, technischen Prüfverfahren und personeller Ausstattung.

Gerade im digitalen Alltag von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist jedoch Vertrauen entscheidend – insbesondere bei Systemen, die automatisierte Entscheidungen treffen oder persönliche Daten verarbeiten. Während internationale Anbieter wie Google, Microsoft oder OpenAI durch klare Transparenzrichtlinien und begleitende Dokumentation punkten, fehlt es bei vielen europäischen Akteuren an vergleichbaren StandardsIn Ländern wie Kanada oder Südkorea greifen bereits deutlich strengere KI-Regelungen, etwa in Bezug auf Transparenzpflichten, algorithmische Nachvollziehbarkeit und Nutzerdatenschutz. Das erhöht den globalen Wettbewerbsdruck – auch für europäische Anbieter.

Gleichzeitig sind Verbraucher im Alltag längst in vielfältiger Weise mit Inhalten internationaler Plattformen konfrontiert: Sei es durch automatisierte Chatbots im Kundendienst, durch personalisierte Inhalte auf Streamingdiensten oder der Nutzung von iGaming Anbietern, die global agieren. Einzelne Anbieter des letztgenannten Sektors, wie etwa die besten Pokerseiten für Deutsche setzen dabei auf komplett eingedeutschte Plattformen, inklusive Kundenservice auf Deutsch.

Der internationale Wettbewerb zwingt auch Unternehmen in Sachsen, sich rasch an neue Standards anzupassen – nicht nur technisch, sondern auch rechtlich und organisatorisch. Ohne koordinierte Unterstützung und klare Zuständigkeiten drohen kleine und mittlere Anbieter im globalen Technologiewettlauf den Anschluss zu verlieren. Während große Unternehmen eigene Juristenteams oder ethische Boards aufbauen, geraten kleinere Betriebe zunehmend in eine Überforderungsspirale. Laut Landesdatenschutzbeauftragter Juliane Hundert braucht es dringend einheitliche Ansprechpartner, praxisnahe Schulungen und finanzielle Unterstützung. Nur so lasse sich verhindern, dass der digitale Fortschritt an regulatorischer Realität scheitert.

Fehlende Zuständigkeiten – Datenschützer schlagen Alarm

In Sachsen wie bundesweit fehlt bislang eine gesetzlich festgelegte Aufsichtsbehörde für die Umsetzung der EU-Verordnung. Die Datenschutzkonferenz forderte Anfang August erneut, dass bestehende Datenschutzbehörden zumindest bei Systemen mit personenbezogenen Daten die Aufsicht übernehmen sollten. Die sächsische Landesdatenschutzbeauftragte Juliane Hundert betonte, dass es in der Praxis oft unmöglich sei, KI-Systeme eindeutig als personenbezogen oder nicht personenbezogen einzuordnen. Die Forderung: eine zentrale Aufsicht mit breiter Kompetenz, statt einer Zersplitterung nach Anwendungsbereichen.

Besonders brisant ist die Ausnahmeregelung für staatliche Stellen: Diese müssen Pflichten aus der KI-Verordnung teilweise erst ab 2030 einhalten. Domscheit-Berg sieht darin eine Gefahr für Grundrechte, insbesondere bei KI-Einsatz in Asylverfahren, polizeilichen Vorhersagesystemen oder automatisierten Sozialleistungen.

Neben den vier Risikostufen der KI-Verordnung werden seit August 2025 auch Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck stärker reguliert. Diese kommen etwa in Chatbots oder Übersetzungssystemen zum Einsatz. Sachsen positioniert sich hier technologisch stark: Der Aufbau des Supercomputers „Elbjuwel“ soll nicht nur der Forschung dienen, sondern auch für Unternehmen mit hohem Rechenbedarf offenstehen.

Sachsen kann Vorreiterregion bleiben – wenn politische Lücken geschlossen werden

Die Folgen der neuen Regulierungen treffen nicht nur große Tech-Unternehmen, sondern auch den Mittelstand und öffentliche Einrichtungen. Spätestens ab 2030 müssen auch Behörden die Regeln für Hochrisiko-KI einhalten.. In Sachsen ist man sich dieser Herausforderung bewusst. So wurde bereits im vergangenen Jahr ein KI-Ethikbeirat eingerichtet, um Leitlinien für einen verantwortungsvollen Einsatz in der Verwaltung zu entwickeln. Gleichzeitig laufen Fortbildungen für GPAI-Nutzer an, wie sie laut Art. 53 der Verordnung vorgeschrieben sind.

Mit seiner Infrastruktur, Industrie und Forschungslandschaft ist Sachsen hervorragend aufgestellt, um eine führende Rolle in der europäischen KI-Entwicklung einzunehmen. Doch damit das gelingt, müssen regulatorische Lücken schnell geschlossen werden. Eine klare Zuweisung von Aufsichtszuständigkeiten, Investitionen in Schulung und Rechtsberatung sowie transparente Übergangsregelungen sind entscheidend.

Quellen