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Polen und Deutsche kontrollieren Reisende an der Grenze

Auf polnischer Seite wird laut Innenministerium flächendeckend kontrolliert. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Auf polnischer Seite wird laut Innenministerium flächendeckend kontrolliert. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Die polnischen Kontrollen an 52 Grenzübergängen sollen sich gegen Schleuser richten, die Migranten unerlaubt ins Land bringen. Lastwagen werden eher nicht angehalten.

Mit großem Personalaufgebot hat Polens Grenzschutz seine angekündigten Kontrollen an der Grenze zu Deutschland begonnen. Bereits nach wenigen Stunden zog Polens Innenminister Tomasz Siemoniak eine positive Bilanz der vorübergehenden Kontrollen, die sich auch auf die polnisch-litauische Grenze erstrecken. «Alles verläuft ohne Zwischenfälle, der Verkehr fließt bislang reibungslos», sagte er dem Sender TVN24. 

Wie das polnische Innenministerium auf X mitteilte, werden seit Mitternacht Reisende an 52 Grenzübergängen überprüft. Die meisten von ihnen reagieren gelassen. Doch einige Pendler und Einkäufer zweifeln an der Sinnhaftigkeit der Maßnahme.

Schnell über die Grenze zum Tanken

An einer Kontrollstelle in Krajnik Dolny stoppen am Morgen von der Militärpolizei unterstützte Beamte mit Polizei-Westen die aus Richtung der brandenburgischen Stadt Schwedt kommenden Autofahrer - etwa Deutsche, die noch vor Beginn ihres Arbeitstages günstig in Polen tanken wollen. Lastwagen werden hier nicht kontrolliert.

Am Übergang zwischen Frankfurt/Oder nach Slubice winken die Beamten Fahrzeuge mit polnischen Kennzeichen an der Grenze meist durch. Autos mit deutschen Kennzeichen werden kurz angehalten. Konsequent kontrolliert werden hier die Fußgänger. Auch Fahrradfahrer müssen ihre Papiere vorzeigen.

Direkt neben der Kontrollstelle hängt ein Banner mit dem Slogan «No! Immigration». Es stammt von der rechtsradikalen «Bewegung zur Verteidigung der Grenzen», die zu eigenmächtigen Grenzpatrouillen aufruft. Auf der Gegenfahrbahn, Richtung Deutschland, wo viele Pendler unterwegs sind und die Bundespolizei stichprobenartig kontrolliert, ist frühmorgens deutlich mehr Verkehr. 

Vorerst seien die Verkehrsbeeinträchtigungen überschaubar, berichtete ein ADAC-Sprecher am Morgen. «Wir haben keinerlei Rückstau nach Deutschland zu verzeichnen», sagte ein Sprecher der Bundespolizei in Görlitz.

Polens Innenminister: Kontrollen gegen Schleuser

«Die Kontrollen richten sich gegen diejenigen, die an der illegalen Schleusung von Migranten über die Grenze beteiligt sind. Normale Reisende haben nichts zu befürchten», sagt Polens Innenminister laut einem Post seiner Behörde. 

Kontrollen vorerst bis Anfang August

Die polnischen Kontrollen sollen zunächst bis zum 5. August andauern. Wer die Grenze überqueren will, muss einen Personalausweis oder einen Reisepass dabeihaben. Auch an 13 Grenzübergängen zu Litauen wird kontrolliert. Dort nahmen die polnischen Grenzer in den frühen Morgenstunden einen estnischen Staatsbürger fest. Er hatte den Angaben zufolge vier Menschen aus Afghanistan im Auto, die irregulär einreisen wollten. Die Afghanen sollen nach Litauen zurückgewiesen werden. 

Zurückweisungen gibt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur weiterhin auch von Deutschland nach Polen. Bislang liefen die Kontrollen «relativ komplikationslos» und weitgehend ohne Staus, sagt Andreas Roßkopf, Vorsitzender für die Bundespolizei bei der Gewerkschaft der Polizei. In den vergangenen zwei Tagen habe es offensichtlich noch Absprachen zwischen dem Bundesinnenministerium und den polnischen Behörden gegeben, um ein Hin- und Herschieben von Zurückgewiesenen zu verhindern. 

Die Mitte-Links-Regierung in Warschau hat die Kontrollen als Reaktion auf deutsche Grenzkontrollen angeordnet. Deutschland kontrolliert seit Oktober 2023 stichprobenhaft an der Grenze zu Polen, um irreguläre Migration zu stoppen.

1.800 Männer und Frauen im Einsatz

An den polnischen Kontrollen an beiden Landesgrenzen sind am ersten Tag laut Ministerium rund 800 Grenzschützer, 300 Polizisten, 200 Militärpolizisten sowie 500 Angehörige der freiwilligen Heimatschutzverbände beteiligt. Männer und Frauen in Flecktarn mit gelben Westen stoppen die Reisenden. 

Am Grenzübergang Pomellen an der A11 Richtung Stettin läuft der Verkehr reibungslos. Die polnischen Beamten kontrollieren nicht auf der Autobahn, sondern auf dem Parkplatz einer Tankstelle an der Grenze. Nicht alle Fahrer werden heraus gewinkt. Auch auf der Gegenseite Richtung Deutschland rollt der Verkehr. Die Bundespolizei hat eine Kontrollstrecke auf dem Gelände des Zollamts eingerichtet. 

Angebot von Dobrindt

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte kurz nach dem Antritt der neuen Bundesregierung im Mai intensivere Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Die Zurückweisungen aus Deutschland sind in Polen ein Reizthema - auch weil rechte Aktivisten das Gerücht verbreitet haben, deutsche Beamte transportierten Asylbewerber, die sich vorher nicht in Polen aufgehalten haben, ins Nachbarland. 

Die Aktivisten hätten sich zwar von den Grenzübergängen zurückgezogen, seien aber mit mobilen Patrouillen im Grenzgebiet unterwegs, sagte Robert Bakiewicz von der «Bewegung zur Verteidigung der Grenzen» der dpa. Es gehe den Bürgerwehren auch darum, die Arbeit des Grenzschutzes zu überprüfen. Es sei gut, dass statt dieser Bürgerwehren nun polnische Beamte an der Grenze stünden, sagt Heiko Teggatz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. 

Dobrindt hat seinem polnischen Amtskollegen gemeinsame Kontrollen auf der deutschen Seite der gemeinsamen Grenze angeboten. Bisher wurde dieses Angebot allerdings nicht angenommen. Für den 18. Juli hat der Bundesinnenminister seine Amtskollegen aus Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark und Tschechien sowie den EU-Kommissar für Inneres und Migration, Magnus Brunner, zu einem «Migrationsgipfel» auf die Zugspitze eingeladen. 

Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte, Ziel sei ein besserer EU-Außengrenzschutz. Die Binnenkontrollen seien nur eine vorübergehende Maßnahme. «Wir wollen keine dauerhaften Grenzkontrollen», betonte er. Man sei sich der Auswirkungen dieser Kontrollen durchaus bewusst.

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, schrieb auf X: «Die Einführung der polnischen Grenzkontrollen sind Folge des nationalen Alleingangs an allen deutschen Grenzen.»

Nicht alle Pendler und Einkäufer sind überzeugt

Andreas Ewald aus Berlin, der in Osinow Dolny auf dem «Polenmarkt Hohenwutzen» einkauft, sagt, er beschäftige in seiner Glas- und Gebäudereinigungsfirma keine Mitarbeiter aus Polen mehr. Denn für die sei die Anreise wegen der Kontrollen der Bundespolizei so aufwendig, dass sich das nicht mehr lohne. Dass diese Kontrollen irreguläre Migration eindämmen können, glaubt er nicht. Er sagt: «Die Banden, die dahinterstecken, die finden andere Wege.» 

Oliver aus Eberswalde ist einmal die Woche für die Arbeit in Schwedt und fährt dann zum Tanken nach Polen. Über die Kontrollen sagt er: «Die stören mich eigentlich weniger, ist ja einigermaßen gut für die Sicherheit, dass weniger geschmuggelt wird.» Schwierig sei nur, wenn die Grenzer kein Deutsch sprächen und man nicht wisse, was genau sie wollten. Aber solange nur die Papiere kontrolliert würden und nicht der Kofferraum, sei das schon in Ordnung, sagt der junge Mann.

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