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Große Mängel - JVA-Neubau bis zu 500 Millionen Euro teuer

Die Staatssekretäre Sebastian Hecht (Sachsen) und Tobias Knoblich (Thüringen) informieren über den weiteren Werdegang des pannengeplagten Gefängnisneubaus in Zwickau.  / Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Die Staatssekretäre Sebastian Hecht (Sachsen) und Tobias Knoblich (Thüringen) informieren über den weiteren Werdegang des pannengeplagten Gefängnisneubaus in Zwickau. / Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Sachsen und Thüringen wollen neuen Schwung in ihr pannengeplagtes Großprojekt einer gemeinsamen JVA bringen. 2030 soll diese ihren Betrieb aufnehmen, so der neue Zeitplan.

Hafthäuser und Gefängnismauer der neuen JVA in Zwickau ragen in die Höhe, doch in einigen Bauten des künftigen Großgefängnisses steckt erheblicher Pfusch. Von mehr als 200 Mängeln spricht der technische Geschäftsführer des Sächsischen Immobilien- und Baumanagements, Falk Reinhardt. Einige seien so gravierend, dass zurückgebaut werden müsse. Als Beispiele nennt er den Estrich in Gebäuden und die horizontale Elektroverkabelung. An den Fassaden gebe es Feuchtigkeit in der Dämmung. Inwieweit auch hier Rückbau erforderlich ist, werde gutachterlich geprüft.

Pannenserie wirft Großprojekt um Jahre zurück 

Vor mehr als zehn Jahren haben Sachsen und Thüringen den Bau eines neuen Gefängnisses für bis zu 820 Häftlinge vereinbart. Dazu gehören sechs Hafthäuser, eine Sporthalle und Arbeitsbetriebe. Doch die Pannen bei dem Großprojekt reißen seither nicht ab. Inzwischen beschäftigt der Fall auch Gerichte, die über Klagen zwischen dem Freistaat Sachsen als Bauherr, dem früheren Generalplaner sowie mehreren Bauunternehmen entscheiden müssen. 

Nicht nur, dass eigentlich schon 2019 die ersten Gefangenen einziehen sollten. Auch die Kosten sind seither explodiert. Die ursprünglich geplante Summe von 150 Millionen Euro hatte sich bereits mehr als verdoppelt. Nun wird mit bis zu 500 Millionen Euro kalkuliert, wie Vertreter beider Landesregierungen nun bei einem Vor-Ort-Termin erläuterten. Die Rede ist von 476 Millionen Euro und einer Risikovorsorge von 24 Millionen Euro für weitere Preissteigerungen. 

Thüringen sieht Schmerzgrenze erreicht

Zugleich behält sich Thüringen vor, seinen Anteil an dem Projekt zu verringern oder ganz auszusteigen, sollten die Kosten und der Zeitplan erneut aus dem Ruder laufen. Die Summe sei für Thüringen die «Schmerzgrenze», betonte der Staatssekretär des Erfurter Bauministeriums, Tobias Knoblich. Das Land muss sich laut Staatsvertrag bisher anteilig an den Kosten beteiligen. 

Für den immensen Kostenanstieg verwies Sebastian Hecht, Staatssekretär im sächsischen Finanzministerium, auf die deutliche Teuerung bei Energie- und Materialkosten. Eine umfangreiche Analyse habe jedoch ergeben, dass das Vorhaben weiterhin wirtschaftlich sei. Die Kosten pro Haftplatz lägen bei etwa 580.000 Euro. Bei Neubauprojekten in anderen Bundesländern werde inzwischen mit mehr als 1 Million Euro pro Haftplatz kalkuliert, sagte Hecht. Es gebe aber weiterhin Risiken in der Finanzierung, räumte er ein. Für 20 Prozent des Vorhabens seien die Kosten heute nicht genau abzuschätzen. 

Neuer Eröffnungstermin 2030

Nach der Kündigung des Generalplaners ruht die Problembaustelle weitgehend seit weit mehr als einem Jahr. Neuen Schwung soll ein Totalunternehmer in das Projekt bringen. Dabei liegen Planung und Bauausführung in einer Hand. Doch der muss erst einmal gefunden werden. Voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2027 werde er in den Weiterbau einsteigen, hieß es. Die Fertigstellung ist nun für 2029 angedacht, 2030 soll die Justizvollzugsanstalt (JVA) dem neuen Zeitplan zufolge ihren Regelbetrieb aufnehmen. 

Der Neubau sei nach wie vor dringend erforderlich, hieß es. «Unsere alten Anstalten genügen nicht mehr den Anforderungen an einen zeitgemäßen, sicheren und menschenwürdigen Strafvollzug», sagte Hecht. Beide Länder müssten wegen des Bauverzugs den Betrieb alter Justizvollzugsanstalten aufrechterhalten, die eigentlich längst hätten geschlossen werden sollten. Auch das erfordere Geld.

Mehrere Klagen an Gerichten in München und Dresden

Die Querelen rund um die Problembaustelle beschäftigen auch Gerichte. In einem Prozess am Landgericht München I fordert Sachsen von den früheren Planern gut 6,6 Millionen Euro. Im Gegenzug machen die ausstehende Honorarforderungen von knapp 2,8 Millionen Euro geltend. Nach einem ersten Verhandlungstermin Anfang Juni ist laut einer Gerichtssprecherin nun erst einmal ein Gutachter gefragt. Bei Klagen zweier betroffener Unternehmen stehen die jeweiligen Verhandlungen am Landgericht Dresden noch aus.

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