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Gegen Lehrermangel: Kabinett nimmt viel Geld in die Hand

Mit zusätzlich 213 Millionen Euro allein für die kommenden zwei Jahre will Sachsen dem Lehrermangel entgegenwirken. Vorgesehen sind neben 722 neuen Stellen auch Zulagen, mit denen neue Lehrkräfte in die Fläche des Freistaats gelockt und alte im Job gehalten werden sollen. Seiteneinsteiger, ohne die man auch in Zukunft nicht auskommen wird, sollen besser vorbereitet und qualifiziert werden. Grundschullehrer sollen entweder weniger arbeiten oder mehr verdienen können. Insgesamt soll die Attraktivität des Lehrerberufs mit den von der Koalition in der Nacht zum Mittwoch beschlossenen Maßnahmen deutlich erhöht werden.

Das Paket «zur Lehrerversorgung sichert den hohen Standard des sächsischen Bildungssystems», sagte Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Mit der Einigung habe die Koalition «Handlungsfähigkeit» bewiesen, meinte sein Vize, Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Beide hatten letzte noch strittige Punkte des lange umstrittenen Pakets zur Chefsache erklärt und ausgeräumt. Worum es dabei konkret ging, wollten sie nicht verraten.

Tillich betonte, «dass Lehrer ein sehr seltenes Gut geworden ist», nicht nur in Sachsen. Der Mangel sei zum einen durch einen erhöhten Bedarf entstanden, zum anderen durch eine ungenügende Einschätzung der Entwicklungen der Schülerzahlen. Mit dem «insgesamt runden Paket» habe man nun eine «eigene Antwort» darauf gefunden.

«Wir können nun wirklich ausreichend Lehrerinnen und Lehrer einstellen», sagte Dulig. Zudem würden Lehrkräften Anreize geboten, «dass sie freiwillig mehr arbeiten». Das gelte insbesondere für Grundschullehrer, deren Wochenregelstundenzahl von 28 auf 27 abgesenkt wird - bei gleichzeitiger Vergütung der Mehrarbeit ab der ersten Stunde. Ein wohl lange strittiger Punkt: «Wir lassen es nicht zu, dass wir für fast alle Gruppen Antwort finden, aber für eine nicht: Grundschullehrer», sagte der SPD-Chef.

Außerdem sollen Seiteneinsteiger künftig nicht nur besser bezahlt, sondern durch eine dreimonatige Einstiegsvorbereitung auch besser auf den Job eingestellt und anschließend berufsbegleitend binnen zwei Jahren an einer Hochschule zum Abschluss gebracht werden.

Mit den übertariflichen Zulagen soll die Einkommenslücke zu anderen Bundesländern geschlossen werden. In Sachsen könne ein Junglehrer ab dem 1. Januar kommenden Jahres mit Zulagen 4112 Euro brutto verdienen statt der tariflich vorgesehenen 3054 Euro, sagte Bildungsministerin Brunhild Kurth (CDU). «Das sind Gehaltssteigerungen im besonderen Maße, die es noch nie gegeben hat.» Bekommen sollen diese Zulagen allerdings nur Lehrer, die in «Mangelregionen» auch «Mangelfächer» unterrichten wollen. Dadurch sei eine flexible und bedarfsgerechte Steuerung möglich.

Die Regierungsfraktionen, die in die Ausarbeitung des Papiers einbezogen waren und seit Ende vergangener Woche teils in Nachtsitzungen daran gearbeitet hatten, begrüßten den Kabinettsbeschluss. «Das ist ein wichtiges Signal für Lehramtsstudenten, Pädagogen und auch die Eltern von Schulkindern», sagte der CDU-Bildungsexperte Patrick Schreiber.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Panter sprach von einer Kehrtwende: «Wir bezahlen unsere Lehrer künftig besser, wir bilden Seiteneinsteiger besser aus, wir haben Mittel und Wege, um junge Leute anzulocken und in Sachsen zu halten.»

Die Opposition sieht dagegen weiteren Handlungsbedarf. Im Vergleich mit anderen Bundesländern reichten die Maßnahmen nicht aus, um ausreichend Lehrer zu gewinnen, meinte die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Cornelia Falken. Zudem würden verdiente ältere Pädagogen «nun zusehen müssen, wenn neu eingestellte Lehrkräfte hunderte Euro mehr erhalten als sie». Das sei «höchst ungerecht».

Auch die Grünen sehen eine «Ungerechtigkeit» in der Bezahlung. «Es kann nur ein erster Schritt sein - die Grundschullehrkräfte müssen nachziehen», forderte Bildungsexpertin Petra Zais.

«Das Paket ist insgesamt zwar besser als erwartet, aber ein wirklich mutiges Anpacken der Probleme sieht anders aus», konstatierte die sächsische GEW-Vorsitzende Uschi Kruse. Dass der Schwerpunkt auf der Nachwuchsgewinnung liege, würden die bereits tätigen Kollegen zu spüren bekommen. «Für sie wird sich der Belastungsdruck insgesamt weiter erhöhen, da die für sie vereinbarten Entlastungen nur sehr punktuell und bescheiden sind.» Und auch einkommensmäßig profitierten vor allem die neuen Lehrkräfte und Funktionsträger wie Schulleiter.

Lange hatte die Staatsregierung auch mit den Gewerkschaften über ein Maßnahmenpaket verhandelt. Ende September hatten beide Seiten die Gespräche für gescheitert erklärt.

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: dpa / Kay Nietfeld

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