In der Heimstätte der SG Dynamo Dresden ist am Donnerstagabend der Wirtschaftsrat Dynamo Dresden e.V. offiziell vorgestellt worden. Unterstützt von Gästen des Wirtschaftsrats des 1. FC Union Berlin wurde deutlich, warum Dresden diesen Schritt geht, welche Ziele verfolgt werden – und weshalb die Zusammenarbeit mit Berlin als strategisch klug gilt.
Ein neues Netzwerk für Dynamo: Warum Dresden einen Wirtschaftsrat gründet
„Ja, Vorweihnachtszeit, Weihnachtsmarkt hat geöffnet. Es gibt also ausreichend gute Alternativen für eine solche Veranstaltung, wie sie heute angekündigt worden ist. Ich freue mich. Wir haben einen Traum und Träume. Träume haben ja die Besonderheit, dass sie wahr werden können. Und insofern freue ich mich besonders, dass so viele mit mir träumen, mit uns träumen und eventuell sogar – und das wäre natürlich großartig – mit anpacken bei der Verwirklichung des Traums“, eröffnete Michael Bürger, Vorsitzender des neuen Wirtschaftsrats und zugleich Vizepräsident der SG Dynamo Dresden, den Abend.
Der Wirtschaftsrat Dynamo Dresden e.V. wurde von engagierten Personen aus Wirtschaft und Verein gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören:
- Michael Bürger, Vizepräsident der SG Dynamo Dresden und Vorsitzender des neuen Wirtschaftsrats
- Christian Lattermann, Unternehmer, langjähriges Dynamo-Mitglied und Finanzvorstand des Wirtschaftsrats
- Ronny Erfurt, Unternehmer, langjähriges Dynamo-Mitglied und Schriftführer des Wirtschaftsrats
- Thomas Kuhnert, einer der frühen Initiatoren der Idee
- Stefan Bohne, Unternehmer und Dynamo-Unterstützer
- Stefan Mehnert, langjährig im Vereinsumfeld aktiv
Diese Zusammensetzung zeigt bereits die Grundidee: entscheidende Köpfe aus Verein, Wirtschaft und Stadt bringen ihre Netzwerke und Expertise ein.Thomas Kunert erläuterte den Ansatz: „Der Grundgedanke ist, Entscheidungsträger aus der Wirtschaft, Sport, Politik sowie Wissenschaft mit vielfältigem Netzwerk zu bündeln. (…) Wir möchten kein Gremium des Vereins sein. Wir möchten auch nicht in Konkurrenz stehen für bestehende Institutionen oder Fanklubs.“
Der Wirtschaftsrat sieht sich somit als ergänzendes, nicht als konkurrierendes Element – ein Netzwerk, das Türen öffnet, Impulse setzt und dem Verein Ressourcen bereitstellt, die außerhalb des Sportlichen liegen.
Warum Union Berlin? Was Dresden vom Berliner Wirtschaftsrat lernen will
Die Präsenz des Wirtschaftsrats des 1. FC Union Berlin war eines der Highlights des Abends. Union gilt bundesweit als Vorbild dafür, wie externe Expertise einem Verein helfen kann, sich wirtschaftlich und strukturell zu stabilisieren – bis hin zur internationalen Bühne. Prof. Dr. Antonio Hurtado, ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender von Union, brachte diese historische Perspektive in Dresden ein: „Es wird höchste Zeit, dass Union Berlin und Dynamo Dresden damit beginnen, sich strukturiert, gegenseitig zu unterstützen und voneinander zu lernen.“
Er schilderte lebhaft, wie Union Anfang der 2000er-Jahre in einer existenziellen Krise steckte. Interne Konflikte, chaotische Außendarstellung und finanzielle Schwierigkeiten führten zur Gründung des Berliner Wirtschaftsrats. „Manchmal ist es notwendig, dass so ein Gewitter daherkommt, damit hinterher die Luft rein ist und man besser schauen kann", sagte Hutardo.
Ein entscheidender Motor dieser Entwicklung war Dr. Dirk Fischer, heute Vorstandsvorsitzender des Wirtschaftsrats Union Berlin. Er erläuterte, welche Leitprinzipien den Erfolg prägten:
- Stabilität in den Gremien
- Ruhe und Professionalität nach innen und außen
- Ein starker Schulterschluss zwischen Verein, Fans und Wirtschaft
- Eine klare Haltung: Der Verein steht über allem
Diese Grundhaltung soll auch in Dresden als Leitlinie dienen.
Ziele des Wirtschaftsrats – und klare Abgrenzungen
Der Wirtschaftsrat Dynamo Dresden will den Verein stärken, ohne in die operative Vereinsführung einzugreifen. Die zentralen Ziele:
- Verbesserung des Images der SG Dynamo Dresden in Stadt und Wirtschaft
- Aufbau neuer Netzwerke in Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur
- Bereitstellung von Know-how z. B. für Bauprojekte, Digitalisierung, Fördermittel oder strategische Kommunikation
- Unterstützung der Vereinsgremien bei komplexen Entscheidungen
- Stärkung der gesellschaftlichen Rolle des Vereins
- Impulse für nachhaltige Entwicklung – sportlich, wirtschaftlich, kulturell
Gleichzeitig werden klare Grenzen gezogen:
- kein sportlicher Einfluss
- keine operative Verantwortung
- keine Konkurrenz zu Fans, Fanclubs oder bestehenden Gremien
- keine Investorensuche
- keine politische Agenda
Aufsichtsratsmitglied Mirco Lorenz, der als Gast anwesend war, betonte in einer eindringlichen Anmerkung während der Podiumsdiskussion: „Ich weiß, dass ihr Dynamo lebt, das ist eine Haltung. (…) Wir müssen das Ansehen weiterentwickeln.“ Der Wirtschaftsrat sieht sich genau hier in der Pflicht. Dynamo stärker in der Stadtgesellschaft zu verankern.
Wie umgehen mit der aktiven Fanszene? Union liefert ein Lehrstück
Ein zentrales Thema des Abends war die Frage nach der Zusammenarbeit mit der aktiven Fanszene. Bei Dynamo traditionell leidenschaftlich, meinungsstark und kritisch, spielt sie eine herausragende Rolle in der Vereinsidentität. Thomas Kunert formulierte dazu: „Wir müssen alle mitnehmen, wenn wir den Verein weiterentwickeln wollen.“ Nach ersten Gesprächen zeige sich, dass die Fanszene weder ablehnend noch euphorisch reagiert, sondern aufmerksam beobachtet, prüft und bewertet - ein wichtiger Ausgangspunkt, denn Vertrauen entsteht aus Sicht der Initiatoren durch konkretes Handeln und nicht allein durch Worte.
Wie wichtig dieser Ansatz ist, zeigt das Beispiel aus Berlin. Der Wirtschaftsrat Union Berlin arbeitet seit Jahren aktiv und kontinuierlich mit der Fanszene zusammen, indem er Choreografien unterstützt, gemeinsame Initiativen und Veranstaltungen auf den Weg bringt, Fanprojekte finanziell fördert, gesellschaftliche Themen gemeinsam aufbereitet und sich klar von Investorenmodellen distanziert. Dr. Dirk Fischer brachte diese Haltung auf den Punkt: „Wir verstehen uns nie als Gegenpol zur Fanszene, sondern als Partner. Jeder unterstützt den Verein auf seine Weise.“ Genau dieser partnerschaftliche Ansatz soll auch in Dresden die Grundlage bilden.
Was Dresden konkret von Berlin lernen kann
Im Verlauf des Abends kristallisierten sich mehrere zentrale Lehren für Dresden heraus:
- Professionalität und Ruhe sind der Schlüssel
Berlin hat gezeigt, wie wichtig stabile Gremien und vertrauensvolle Zusammenarbeit sind. - Der Verein steht immer über Einzelinteressen
Fischer: „Der Verein ist alles.“ - Netzwerke verändern Wahrnehmung
Dynamo besitzt enormes Potenzial: TU Dresden, Hightech-Industrie, Forschung – doch der Zugang war oft eingeschränkt. Der Wirtschaftsrat will diese Verbindungen öffnen. - Geduld ist Pflicht im Fußball
Hurtado: „Strategien brauchen Zeit.“ - Fans sind Identitätsträger
Ohne die Fans gibt es kein glaubwürdiges Dynamo. Die Botschaft aus Berlin war eindeutig: Einbindung statt Abgrenzung. - Werte und Haltung schaffen Bindung
Wie Union mit „Fußball ist mehr als Fußball“ eine Marke geschaffen hat, kann Dynamo seine Identität weiterentwickeln – über das Klischee des „raubeinigen Traditionsklubs“ hinaus.