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Chemiebranche: Diplomatie statt Lieferstopp für Gas und Öl

Blick auf das neue Gaskraftwerk für den Chemiepark. / Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Blick auf das neue Gaskraftwerk für den Chemiepark. / Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Tausende Arbeitsplätze sind mit der chemischen Industrie allein in Ostdeutschland verbunden. Leuna gilt als der flächenmäßig größte Standort der Branche in Deutschland, und ist direkt per Pipeline mit Lieferanten aus Russland verbunden.

Ein Embargo für Lieferungen von Gas und Öl aus Russland nach Deutschland hätte aus Sicht der Chemiebranche vor allem für die Standorte in Ostdeutschland verheerende Folgen. «In dem Szenario würden wir zusätzlich schweren, schweren Schaden nehmen», sagte Christof Günther, energiepolitischer Sprecher des Verbandes der Chemischen Industrie Nordost. Bereits jetzt belasteten hohe Kosten für Energie und Rohstoffe die Branche. «Unsere Wettbewerbsfähigkeit droht verloren zu gehen», sagte Günther. In Ostdeutschland hat die Branche 160 Betriebe mit 65.000 Beschäftigten.

So beziehen die Raffinerien in Leuna und Schwedt direkt per Pipeline Rohöl aus Russland. «Die Politik muss sich dringend diplomatisch um eine Deeskalation des Konflikts bemühen. Es muss gelingen, dass es möglichst schnell zu einer friedlichen Lösung kommt, menschlich und wirtschaftlich gesehen», sagte Günther. Er verwies mit Blick auf die ökonomischen Aspekte darauf, dass es billiger sei, Öl auf diesem Wege an die Standorte zu liefern als über den langen Seeweg, per Straße und Schiene. Derzeit gebe es keine Lieferprobleme. Ebenso äußerte sich eine Sprecherin von PCK Schwedt für die Raffinerie.

Die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland per Pipeline ist laut Verbandsvertreter Günther weit größer als beim Öl. Erdgas sei für die Branche als Energiequelle und Rohstoff nötig. Eine schnelle Ablösung der Erdgasmengen durch Flüssiggas hält Günther für nicht realistisch. Dies sei auf Grund fehlender «Anlandeterminals» (Anlagen zum Be- und Entladen von Tankern) und der Kapazitäten potenzieller Lieferanten derzeit nicht machbar. «Es gibt keine freien Mengen am Markt», sagte Günther: «Auch langfristig brauchen wir die Versorgung über die Pipelines, um wettbewerbsfähig zu bleiben.»

Günther ist Geschäftsführer der Infrastrukturgesellschaft des Chemiestandortes Leuna (Infraleuna GmbH), des flächenmäßig größten seiner Art in Deutschland. Auf dem 1300 Hektar großen Areal befinden sich zwei Gaskraftwerke, eine Erdölraffinerie, rund 100 Firmen mit mehr als 12.000 Beschäftigten - darunter ausländische Investoren.

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hatte seine Prognose für die Branche in Deutschland für 2022 von ursprünglich 5 Prozent Umsatzwachstum und 2 Prozent Produktionsplus zurückgezogen. Die Lage habe sich mit dem Ukraine-Krieg dramatisch verändert. Mit den rasant gestiegenen Preisen für Öl und Erdgas schwinde der finanzielle Spielraum der Unternehmen. 2021 hatte die Chemie- und Pharmabranche in Deutschland mit mehr als 466.000 Beschäftigten laut VCI ein Rekordjahr erlebt.

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