Im digitalen Alltag verschwimmen Wahrheit und Täuschung zusehends. Deepfakes, Fake-Profile und KI-generierte Identitäten erschweren die Verifizierung echter Menschen im Netz. Identitätsbetrug verursacht weltweit Schäden in Milliardenhöhe – damit wächst der Druck auf Staaten, Unternehmen und Bürger, digitale Identitäten sicher und vertrauenswürdig zu gestalten. Eine zentrale Lösung liegt in der digitalen Identitätsinfrastruktur. Während die EU mit der EUDI-Wallet eine staatlich kontrollierte Plattform etabliert, entstehen im Web3 dezentrale, nutzerkontrollierte Gegenentwürfe.
Europas offizieller Weg zur digitalen Identität
Mit der Verordnung (EU) 2024/1183 und dem Inkrafttreten von eIDAS 2.0 hat die EU einen rechtlich verbindlichen Rahmen für die digitale Identität geschaffen. Herzstück ist die European Digital Identity Wallet (EUDI-Wallet) – eine App, in der Bürgerinnen und Bürger ihre Identitätsdaten, Führerscheine, Bildungsabschlüsse und Zertifikate verwalten und teilen können.
Technisch basiert die Wallet auf nationalen Vertrauensdiensten, kryptografischen Nachweisen und interoperablen Standards (ARF, QEAA). Anwendungen 2025 umfassen den Login bei Banken (KYC), den digitalen Abschluss von Arbeitsverträgen, die Einreiseerleichterung innerhalb der EU sowie qualifizierte eSignaturen. Die EU-Kommission berichtet im Mai-Update 2025 zur Digitalstrategie, dass alle vier Großpiloten (Deutschland, Frankreich, Norwegen, Italien) in Phase 2 sind.
Sachsen setzt den „Masterplan Digitale Verwaltung 2030“ seit 2022 schrittweise um. Bürgerportale, Online-Bauanträge und der elektronische Aufenthaltstitel sind 2025 digital verfügbar – laut dem Portal digitales.sachsen.de nutzen rund 320.000 Personen die digitalen Dienste regelmäßig. Im Zuge der EUDI-Einführung wird Sachsen an die föderale Verwaltungscloud angebunden. Identitätsnachweise aus der Wallet lassen sich bereits im Pilotprojekt Dresden-Leipzig für Meldebescheinigungen einsetzen.
Identitätsfrage im Web3-Zeitalter
Künstliche Intelligenz, dezentrale Netzwerke und Blockchain-Technologien gehören 2025 zu den dynamischsten Innovationsfeldern der digitalen Welt. Web3-Plattformen ermöglichen automatisierte Verträge (Smart Contracts), fälschungssichere Lieferkettenverfolgung (z. B. IBM Food Trust, VeChain) und neue Finanzinstrumente wie Kryptowährungen – allen voran Ethereum und Solana, die im Gaming, in der Plattformwirtschaft und bei globalen Mikrotransaktionen eingesetzt werden.
Das Web3 stellt so die Vision eines dezentralen Internets dar, in dem Nutzer ihre Daten und digitalen Assets vollständig kontrollieren. Damit man ins dezentrale Web3 eintreten, Krypto und NFTs verwahren und mit dezentralen Anwendungen (dApps) interagieren kann, benötigt man eine nutzerfreundliche Web3 Wallet. Die Top Web 3 Wallets vereinen dabei Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit.
Auch digitale Identitätslösungen gehören zunehmend zu diesem technologischen Arsenal. Dezentrale Identitäten (DIDs) und datensparsame Verifizierungsmechanismen wie Zero-Knowledge-Proofs (ZKPs) zeigen: Die technische Grundlage für alternative Formen digitaler Identität ist vorhanden.
Aber wie beweist man im dezentralen Netz, dass man ein echter Mensch ist? Ein prominentes, aber umstrittenes Beispiel ist World ID von Worldcoin, einem Projekt des Unternehmens Tools for Humanity unter Mitwirkung von Sam Altman. Es handelt sich um ein globales Proof-of-Personhood-System, bei dem Nutzer durch einen biometrischen Iris-Scan eine eindeutige digitale ID erhalten. Zwar kommen technologische Elemente wie Zero-Knowledge-Proofs (ZKPs) und Blockchain-Komponenten (Ethereum, Optimism) zum Einsatz, doch das System ist nicht vollständig dezentralisiert: Die Identitätsvergabe erfolgt zentral über firmeneigene Hardware (den „Orb“), und die Kontrolle über den Erstellungs- und Verifikationsprozess liegt bei einem privaten Akteur. Damit steht World ID nicht im Einklang mit klassischen Web3- oder SSI-Prinzipien, bei denen Nutzer volle Kontrolle über ihre Identitäten besitzen und keine zentrale Stelle involviert ist.
Trotz technischer Komplexität finden Web3-Anwendungen also zunehmend ihren Platz im Alltag. Nicht nur in der Finanzwelt, sondern auch in der Arbeitswelt und im Konsum. Trotzdem bleibt die Herausforderung: Viele dieser Systeme sind noch nicht interoperabel mit staatlichen Strukturen und erfordern technisches Know-how.
Während die EU mit der Wallet auf Stabilität und Akzeptanz setzt, experimentieren globale Akteure wie Worldcoin oder Polygon mit Alternativen – oft schneller, aber riskanter. Der ethische Kern der Debatte lautet: Wer kontrolliert digitale Identität – der Staat, ein Konzern oder der Nutzer selbst?
Quellen:
https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2024/1183/oj/eng
https://www.gi-de.com/en/spotlight/trends-insights/eu-digital-id-wallet-10-things-to-know
https://www.digitales.sachsen.de/
https://helalabs.com/blog/top-10-blockchain-supply-chain-startups-in-2024/
https://cryptobriefing.com/polygon-announces-new-zk-proof-based-identity-solution/
https://www.wired.com/story/sam-altman-orb-eyeball-scan-launch-us/
https://polygon.technology/blog/google-cloud-and-polygon-labs-join-forces-to-provide-developer-tools-and-enterprise-infrastructure-to-accelerate-growth-across-polygon-protocols