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Frage-Antwort-Spiel im Prozess um Dresdner Juwelendiebstahl

Ein Justizbeamter beobachtet zwei der Angeklagten im Gerichtssaal. / Foto: Jens Schlueter/AFP/POOL/dpa/Archivbild
Ein Justizbeamter beobachtet zwei der Angeklagten im Gerichtssaal. / Foto: Jens Schlueter/AFP/POOL/dpa/Archivbild

Nach langem Hin und Her um das Prozedere hat im Prozess zum Einbruch ins Historische Grüne Gewölbe in Dresden die Befragung der geständigen Angeklagten begonnen. Dabei konkretisierte am Donnerstag der mit 29 Jahren Älteste der Beschuldigten seine Angaben zu dem, was im Vorfeld und in der Tatnacht vom 24. auf den 25. November 2019 abgelaufen war. So sei er auch dabei gewesen, als am 19. November das Fenstergitter präpariert wurde. Er habe dem Mitangeklagten assistiert, der mit einer Art Rettungsschere ein Stück herausschnitt und mit Klebeband wieder befestigte. Das Werkzeug hätten sie sich geliehen, es stamme nicht aus dem Einbruch in die Spezialfirma in Erlangen (Bayern).

Die Besetzung war seiner Darstellung nach identisch mit der in der Tatnacht. Er benannte drei der Mitangeklagten namentlich, zwei andere Komplizen nicht. Er selbst hatte vor gut einer Woche gestanden, selbst in dem Museum gewesen zu sein. Er «war drin mit X, Y ist mit über die Mauer gegangen», sagte sein Verteidiger. Sein Mandant erklärte zudem, dass er das Benzin in dem Fluchtfahrzeug verteilt habe, und belastete zugleich einen der Mitangeklagten. Der 23-Jährige habe es dann in Brand gesetzt.

Die Staatsanwaltschaft erklärte zum Auftakt des Verhandlungstages am Dresdner Landgericht, dass sie die im Zuge einer Verständigung zwischen ihr, der Verteidigung und dem Gericht erfolgten Einlassungen von fünf der sechs Angeklagten für nicht glaubhaft hält. Sie seien «zumindest lückenhaft», sagte Oberstaatsanwalt Christian Kohle.

Er verwies darauf, dass danach keiner der Angeklagten von der Tat profitiert oder von der Bedeutung des Schmucks gewusst haben wolle, sich nun aber alle schämten, ein Angeklagter sich trotz zugegebener Beteiligung nicht mehr an die Tag erinnern könne und die Idee von einem Angeklagten stamme, «der die besten Chancen auf eine Jugendstrafe hat».

Laut Kohle sind noch viele Fragen offen und die Angaben der Angeklagten zu einem «überaus komplexen Tatgeschehen, an dem sechs Personen beteiligt gewesen seien, nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs». Bezogen auf den sogenannten Deal sagte er, «dass wir keineswegs bekommen haben, was wir wollten».

Aus Sicht der Anklagebehörde sind es Einlassungen mit dem Ziel gewesen, «dass die Summe der zu erwartenden Strafen gering ausfällt und für alle erträglich ist». Falls diese stimmten, «suchen wir immer noch nach zwei Tätern, gestohlenen Kunstschätzen im Wert von 63 Millionen Euro» sowie weiteren Komplizen und Helfern. Kohle fragte: «Wieso erzählen sie nicht, wie es genau war.»

In den von seinen Anwälten verlesenen Antworten ließ der 29-Jährige dann tiefer hinter die Kulissen blicken. Als er von dem 26 Jahre alten Mitangeklagten angesprochen wurde, sei die ursprüngliche Tatplanung abgeschlossen gewesen. Seine Motivation sei finanzieller Art gewesen. «Er ging davon aus, dass er nach der Verwertung Millionär wäre», sagte sein Verteidiger. Einen konkreten Plan zur Verwertung der Juwelen «gab es wohl nicht». Über die Option, die Steine umzuschleifen, sei im Vorfeld tatsächlich diskutiert worden. Die Beute sollte aber erstmal so lange «in einem sicheren Versteck liegen, bis Gras über die Sache gewachsen war».

Anders als von den Verteidigern verlangt, arbeitete die Strafkammer keinen zuvor schriftlich übersandten Fragen-Katalog ab. Vielmehr verlas der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel mehrere Fragen zu einem Komplex, die Anwälte mussten mitschreiben und bekamen dann Zeit, um diese außerhalb des Saales mit ihren Mandanten zu besprechen.

Der Kunstdiebstahl aus Sachsens Schatzkammermuseum am 25. November 2019 gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. Laut der Anklage erbeuteten die Täter 21 Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro und hinterließen mehr als eine Million Euro Schaden. Seit einem Jahr müssen sich dafür sechs junge Männer zwischen 23 und 29 Jahren verantworten - und unter anderem wegen schwerer Brandstiftung.

Im Januar hatten fünf von ihnen zugegeben, an dem Coup oder der Vorbereitung beteiligt gewesen zu sein. Ein weiterer Beschuldigter streitet eine Täterschaft unter Verweis auf ein Alibi ab.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt - mit der Befragung des 29-Jährigen durch die Staatsanwaltschaft.

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