Die bauliche Überwachung von Brücken ist aufwendig, teuer und personalintensiv. Hier setzt ein neues Forschungsprojekt aus Thüringen an. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau erforschen derzeit, wie Brückenschäden künftig frühzeitig am Klang erkannt werden können. Ziel sei ein intelligentes Frühwarnsystem, das kleinste Veränderungen in der Materialstruktur erfasse – noch bevor sichtbare Schäden entstünden, sagte Olivia Treuheit, Projektmanagerin am Fraunhofer IDMT.
«Wir wollen Brücken nicht erst dann prüfen, wenn es schon zu spät ist», sagte Treuheit. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und akustischen Sensoren sollen dabei Veränderungen an Brückenbauwerken wie Verschleiß, Rissbildungen oder Lockerungen erkannt werden. Während bei bisherigen Schallemissionsverfahren Schäden durch aufgenommene Vibrationen hörbar werden, setzen die Ilmenauer beim Luftschall an. Diese akustisch wahrnehmbaren Signale entstehen beim Überfahren der Übergänge durch Fahrzeuge. Die KI filtere bei den aufgenommenen Audiodateien die Umgebungs- und Störgeräusche heraus, erläuterte Treuheit.
Schäden hören, bevor sie sichtbar werden
Die Ilmenauer Wissenschaftler arbeiten bei dem bis zum Sommer nächsten Jahres laufenden Projekt mit dem Ingenieurbüro Marx Krontal Partner (MKP/Hannover) zusammen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen fördert das Vorhaben mit einer Viertelmillion Euro. Nach ersten Feldversuchen soll es laut Treuheit in diesem Sommer eine erste große Messung an zwei Brücken in Sachsen geben - der Wesenitz- und der Sachsenbrücke in Pirna. Dieser Test liefere einen ersten größeren Datensatz, der analysiert werden könne.
Langfristiges Ziel sei die Entwicklung eines universell einsetzbaren Prototyps. «In einigen Jahren könnten wir dann eine kleine Box haben, die in beliebigen Brückenkonstruktionen eingebaut werden und entstehende Schäden signalisieren kann», so Treuheit. Ein digitales, verlässliches Monitoring ermögliche eine rechtzeitige Instandsetzung, durch die langfristige Sperrungen und kostenintensive Sanierungen oder gar Abrisse vermieden werden könnten. Auch könnten dadurch Reparaturarbeiten gezielter - etwa in Zeiten mit geringerem Verkehrsaufkommen - geplant werden.
Der Teileinsturz der Dresdner Carolabrücke im September vergangenen Jahres entfachte die Debatte über die Sicherheit der Bauwerke in Deutschland neu. Immer wieder sorgen Brückensperrungen und Abrisse für Schlagzeilen wie etwa die Sperrung der Talbrücke Rahmede bei Lüdenscheid wegen irreparabler Schäden am Tragwerk oder der Abriss der stark beschädigten Ringbrücke in Magdeburg.
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