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«Der wüste Gobi»: Tarantino-«Tatort» aus Weimar

Wenn in einem Krimi gleich zu Beginn eine Figur fragt «Was sollte schon passieren?», ist klar, dass nichts Gutes folgen kann. So auch im neuesten «Tatort» aus Weimar. Dort läuft eine Krankenschwester im Maßregelvollzug gleich nach dieser Frage in ihr Verderben.

Der Fall der erwürgten Schwester und der daraufhin geflohene psychisch kranke Häftling rufen das Ermittlerpaar Dorn und Lessing (Nora Tschirner und Christian Ulmen) auf den Plan. Doch natürlich ist längst nicht alles so, wie es zu Beginn erscheint und schon gar nicht so, wie es der Zuschauer am Anfang durch die Augen des mit Medikamenten vollgepumpten Häftling «Gobi» (Jürgen Vogel) zu sehen glaubt. Wie üblich braucht es einige unerwartete Wendungen, ungewöhnliche Hintergrundgeschichten und aberwitzige Dialoge, bis ein für seine skurrilen Einfälle bekannter Weimar-«Tatort» fertig ist.

Das Erste zeigt «Der wüste Gobi» am Dienstag (26. Dezember) um 20.15 Uhr. Der neue Fall steht den vorigen in nichts nach: von seinen überzeichneten Charakteren wie dem vom wunderbaren Ernst Stötzner («Charité», «Babylon Berlin») gespielten Psychiatrie-Chefarzt Eisler, bis zu Sprüchen wie «Das Leben ist wie eine Bratwurst: Man weiß nie, was drin steckt.»

Zu den wiederkehrenden Gags gehören auch der fast unaussprechliche Name des Tatverdächtigen. Und die kaputte Heizung in der Wohnung des Ermittlerpaars, das seit 2013 zusammen arbeitet und eigentlich zu Hause lieber keine abtörnenden kühlen Temperaturen haben möchte.

An Sex mangelt es trotzdem nicht. Das liegt vor allem an dem recht einfach gestrickten «Gobi» mit seinem entlarvenden Fetisch für selbst gestrickte Unterwäsche. «Ich fand die Idee mit den Dessous einfach sehr lustig. Spezielle Vorlieben muss es ja in jedem Leben geben», sagt Darsteller Jürgen Vogel dazu, der nun wieder einmal in einem «Tatort» eine entscheidende Rolle spielt und sichtlich Spaß am «Gobi» hatte.

Das alles überrascht nicht. Immerhin kam das Drehbuch einmal mehr vom Duo Murmel Clausen und Andreas Pflüger. Wobei Ersterer schon für die Bücher zu Michael Herbigs «Schuh des Manitu» mit verantwortlich zeichnete und Letzterer nicht die ersten «Tatort»-Kommissare auf Spurensuche schickt. Der MDR scheint jedenfalls mehr als zufrieden mit der Schreibe zu sein. Auch beim zur Ausstrahlung für das kommende Jahr geplanten sechsten Fall von Dorn und Lessing durfte Clausen wieder ran.

«Man muss aufpassen, dass es noch glaubwürdig bleibt und nicht zu überzogen spielen. Es darf makaber und lustig sein, aber der Krimi darf nicht fehlen - das Gleichgewicht ist wichtig», fasst Vogel das Rezept eines Weimar-«Tatorts» zusammen. «Tarantino mischt ja auch Humor mit Brutalität, Ernsthaftigkeit und sehr interessanten Charakteren.»

Und tatsächlich setzt «Der wüste Gobi» mit Krankenschwestern in offenherziger Arbeitskleidung und einem blutig-absurden Finale auf Elemente, wie man sie vom «Inglourious Basterds»- und «Pulp Fiction»-Regisseur Quentin Tarantino gewohnt ist.

Natürlich fehlt es aber auch nicht an Lokalkolorit. Vor allem Zuschauer westlich der Thüringer Landesgrenze werden neue Erkenntnisse über die geografische Lage Kanadas und ostdeutsche Begrifflichkeiten aus dem kurzweiligen «Tatort» mitnehmen.

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: dpa / Anke Neugebau

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