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Björn Kircheisen geht in Sportler-Rente

dpa / Hendrik Schmidt
dpa / Hendrik Schmidt

Es ging schneller als gedacht. Nachdem Björn Kircheisen die olympische Krönung versagt geblieben war, kündigte er am Sonntag das Ende seiner sportlichen Karriere an. Beim Weltcup der Nordischen Kombination in einer Woche in Schonach wird er letztmals in seiner unnachahmlichen Art über die Schanze und durch die Loipe gehen. Damit endet ein Sportler-Dasein, das mit zu den interessantesten zählt. Vor allem deshalb, weil es trotz Dutzender Anläufe erst sehr spät mit einer Goldmedaille belohnt wurde.

Einen besseren Ort als Klingenthal unweit seines Geburtsortes Erlabrunn konnte sich Kircheisen für die Ankündigung seines Laufbahnendes kaum aussuchen. «Es fällt mir sehr schwer, aber ich trage den Gedanken schon länger mit mir herum», sagte der 34-Jährige am Sonntag beim Heim-Weltcup. «Ich bin quasi in Klingenthal aufgewachsen und habe an der Kinder- und Jugendsportschule den Grundstein meiner Sportlerkarriere gelegt. Deshalb ist hier der richtige Ort und Zeitpunkt, meinen Entschluss auszusprechen und mich bei meinen Weggefährten aus der Heimat zu bedanken», sagte der Oldie der deutschen Kombinierer.

Seine Teamkollegen, denen er jahrelang als zuverlässiger Teamkollege und wie im Fall von Eric Frenzel als Freund zur Seite stand, würdigten «Kirche» auf ihre Weise. Vor dem Lauf holten sie ihn im Stadioninnenraum in ihre Mitte und feierten gemeinsam mit ihm und dem Publikum noch einmal ihre Olympia-Medaillen. In Pyeongchang war Kircheisen nicht über die Rolle des Ersatzmannes hinausgekommen.

Für Bundestrainer Hermann Weinbuch geht mit Kircheisen ein Wegbegleiter. 17 Jahre hatte der Coach den Sachsen unter seinen Fittichen. «Er war nie ein einfacher Athlet, er hatte viele Höhen und Tiefen, musste sich immer wieder durchbeißen. Dadurch haben wir sehr intensive Zeiten gemeinsam durchlebt. Aber er ist ein fleißiger und akribischer Arbeiter, der es immer wieder geschafft hat, sich aus Krisen zu befreien. Oft auf seine Art. Dann konnte er immer wieder mit außergewöhnlichen Leistungen überzeugen», beschrieb Weinbuch Kircheisens Karriere und zog vor aller Augen seine Mütze vor dem nun am Chiemsee heimischen Athleten.

15 Medaillen bei Olympischen Winterspielen und Nordischen Weltmeisterschaften, darunter elf Silberne, brauchte es, ehe 2017 in Lahti für den damals 33-Jährigen doch noch die goldene Stunde schlug: WM-Titel mit der Mannschaft. Von dem Moment an war der teils als verbissen geltende Kircheisen ein anderer Mensch. «Es ist mit der Goldmedaille viel Ballast abgefallen, der sich unbewusst aufgebaut hatte. Ich habe so lange rumgebuddelt und es nie geschafft, das war sehr anstrengend, zumal ich ja immer wieder darauf angesprochen wurde», erzählte Kircheisen. Schon allein der Spitzname «Silbereisen» wegen der vielen zweiten Plätze nervte ihn gewaltig.

Jetzt geht Kircheisen ohne Reue in die Sportlerrente, auch wenn die olympische Krönung fehlt. Die hätte es in Sotschi im Einzel geben können, doch ein taktischer Fehler, der die Trainer schier zur Weißglut brachte, verhinderte sie. «Es war ärgerlich, aber ich sehe es nicht als Fehler. Sicher war es etwas ungestüm, aber so bin ich nun mal. Ich trauere der Sache nicht nach. Ich bin mit mir im Reinen, auch was meine ganze Laufbahn betrifft. Es gibt nicht viele Athleten, die so viele Erfolge hatten», sagte Kircheisen im Rückblick.

Nun soll es als Trainer weitergehen. In Bad Endorf in der Ausbildungszentrale der Bundespolizei tritt er die Nachfolge des ehemaligen Weltklasse-Kombinierers Konrad Winkler an, der in den Ruhestand geht. Trainer-Novize «Kirche» wird viel Erfahrung einbringen. Und vor allem das Wissen, wie man sich durchbeißen muss.

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: dpa / Hendrik Schmidt