Die Zahlen sehen auf den ersten Blick beeindruckend aus: Millionenbeträge fließen jedes Jahr aus den Casinos in die jeweiligen Kassen der Länder. Doch ein genauerer Blick zeigt, wie viel davon gar nicht erst in den Bilanzen der Betreiber bleibt. Denn sobald Einsätze getätigt und Gewinne ausgezahlt wurden, steht bereits der nächste Empfänger bereit: der Staat. Und der interessiert sich nicht dafür, ob der Betreiber am Ende überhaupt Gewinn gemacht hat oder nicht.
Grund dafür ist ein etwas eigenwilliges Prinzip: die sogenannte Spielbankabgabe. Sie richtet sich nicht nach dem, was unter dem Strich übrig bleibt, sondern allein nach dem Bruttospielertrag. Also dem, was nach Abzug der Spielgewinne von den Einsätzen übrig bleibt. Ob die Betriebskosten das auffressen, spielt keine Rolle. Die Abgabe wird trotzdem fällig.
So funktioniert die Spielbankabgabe in Deutschland
Wer in Deutschland eine Spielbank betreibt, muss mit einer Sonderabgabe leben, die nicht zu unterschätzen ist. Je nach Bundesland kann diese zwischen 20 und 80 Prozent des Bruttospielertrags betragen. Der Bruttospielertrag (kurz BSE) ergibt sich aus den gesamten Spieleinsätzen der Gäste minus der ausgezahlten Gewinne. Einem Begriff wie „Ertrag“ haftet eigentlich etwas Positives an. Doch hier bezeichnet er eine Rechengröße, die nur entfernt mit dem tatsächlichen Gewinn zu tun hat.
Die Abgabe trifft also nicht nur florierende Häuser. Sie fällt auch dann an, wenn die Fixkosten über dem bleiben, was nach der Abgabe überhaupt noch verfügbar ist. Miete, Personal, Technik, Sicherheitsdienste – all das muss zusätzlich gestemmt werden. Für kleinere Standorte oder wirtschaftlich schwache Regionen kann das schnell existenzbedrohend werden.
Verschärft wird die Situation durch die oft progressive Gestaltung der Abgabe. Wer mehr Bruttospielertrag erwirtschaftet, zahlt prozentual mehr. Das klingt zunächst nach Fairness, kann aber dazu führen, dass jede Umsatzsteigerung durch überproportionale Mehrbelastung wieder aufgefressen wird. Zweifelsohne ein fragiles System, vor allem in einem Markt, der ohnehin unter Druck steht.
Wie die Spielbankabgabe in Sachsen geregelt ist
Auch hier greift die Abgabe – unabhängig vom tatsächlichen Gewinn / Bild: Michał Parzuchowski auf Unsplash.com
In Sachsen lässt sich gut beobachten, wie sich fiskalische Belastung und staatliche Steuerung miteinander verschränken. Die dortige Spielbankabgabe bewegt sich je nach Höhe des Bruttospielertrags zwischen 35 und 55 Prozent und das jährlich, wohlgemerkt. Neue Standorte erhalten in den ersten fünf Jahren immerhin etwas Aufschub in Form reduzierter Sätze von 30 bis 50 Prozent. Eine Art Schonfrist für einen Markt, der selten mit Samthandschuhen angefasst wird.
Geregelt ist das alles im § 12 des Sächsischen Spielbankengesetzes. Dort wird auch definiert, wofür die Einnahmen verwendet werden dürfen. Und das ist durchaus wohltuend präzise: Gemeinnützige Zwecke stehen im Zentrum. Darunter fallen unter anderem Kulturförderung, Sportprojekte, Präventionsmaßnahmen oder soziale Programme. Die Einnahmen landen also nicht im allgemeinen Haushalt, sondern sind zweckgebunden.
Sachsen betreibt aktuell drei Spielbanken: in Leipzig, Dresden und Chemnitz. Betrieben werden sie durch eine landeseigene Gesellschaft, was das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Verantwortung und wirtschaftlichem Risiko besonders deutlich macht. Wenn die Kosten steigen und die Einnahmen stagnieren, trifft es am Ende die öffentliche Hand. Ein paradoxes Modell: Der Staat besteuert sich, indirekt, selbst.
Warum Automatenspiele das Fundament vieler Spielbanken sind
Kaum ein Automatenspiel hat sich in den letzten Jahren so eindrücklich in der Beliebtheitsskala gehalten wie Eye of Horus und weitere Slots. Ägyptische Gottheiten, mythische Symbole und ein Bonusspiel, das die Spannung nach oben schraubt. Dieses Spiel ist definitiv mehr als nur ein Spiel, es ist ein sicherer Umsatzbringer. Und damit auch kein Einzelfall.
Denn genau diese Art von Online-Angeboten sorgt für den Großteil des Bruttospielertrags, also jener Kennziffer, auf der die gesamte Spielbankabgabe basiert. Oft sind sie das wirtschaftliche Rückgrat vieler Häuser. Während Roulette- oder Blackjack-Tische häufig als Prestige gelten, sind es Online-Slots oder Automatenspiele, die Tag für Tag den wirtschaftlichen Betrieb tragen.
Zudem: Im Unterschied zum stationären Spielbetrieb funktionieren Online-Angebote oft mit anderen Maßstäben. Die regulatorischen Vorgaben sind zwar strenger geworden, doch steuerlich gelten andere Regeln. Das bringt eine Schieflage ins System: Während der stationäre Anbieter mit 40, 50 oder sogar 55 Prozent Abgabe kalkulieren muss, bleibt der Online-Anbieter deutlich unter dieser Schwelle. Ein Problem, das sich nicht ignorieren lässt. Besonders nicht aus Sicht derer, die Miete zahlen, Personal beschäftigen und strikte Auflagen erfüllen müssen.
Zwischen Einnahmequelle und Belastung
Dass die Spielbankabgabe nicht einfach irgendwo versickert, sondern gezielt eingesetzt wird, ist ein Punkt, der oft zu wenig Beachtung findet. Sie finanziert konkrete Projekte – kulturell, sozial, sportlich. Gerade auf Landesebene ist sie eine verlässliche Einnahmequelle, die Mittel für Bereiche schafft, in denen sonst oft der Rotstift angesetzt wird.
Typische Förderbereiche sind etwa:
- Kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen: Opern, Theater und Festivals profitieren regelmäßig von den Mitteln.
- Sportförderung: Vereinsarbeit, Nachwuchstraining, Infrastrukturprojekte.
- Bildungs- und Jugendangebote: Unterstützung von Jugendzentren, Musikschulen und Bildungsinitiativen.
- Soziale Projekte in strukturschwachen Regionen: Zielgerichtete Förderung, um gesellschaftliche Teilhabe zu stärken.
- Suchtprävention: Programme und Kampagnen zur Aufklärung und Beratung für Spielsuchtgefährdete, wie das folgende Video zeigt.
Trotzdem bleibt die Frage: Wie tragfähig ist ein System, das auf einer Branche fußt, die selbst wirtschaftlich unter Druck steht? Denn wenn Einnahmen für das Gemeinwohl zur festen Größe werden, steigt auch das Risiko, dass finanzielle Interessen über regulatorische Bedenken gestellt werden.
Warum die Orientierung am Bruttospielertrag so umstritten ist
Die größte Schwachstelle liegt nicht im Prozentsatz, sondern im Prinzip. Die Spielbankabgabe richtet sich nach dem Bruttospielertrag und blendet damit die Realität des operativen Geschäfts weitgehend aus. Ob eine Spielbank am Ende mit Plus oder Minus abschließt, ist für die Berechnung völlig irrelevant.
Das führt dazu, dass auch in mageren Jahren enorme Zahlungen fällig werden. Hohe Fixkosten, sinkende Gästezahlen oder externe Faktoren wie Online-Konkurrenz lassen sich nicht abbilden. Wer 1 Mio. Euro an BSE erzielt und davon 55 Prozent abführen muss, hat noch 450.000 Euro übrig. Reicht das für Gehälter, Technik, Sicherheitsdienst, Instandhaltung und laufende Ausgaben? Kaum.
Auch die Tatsache, dass viele Spielbanken mit zunehmender Digitalisierung in teure Technik investieren müssen – etwa für Zugangskontrollen, biometrische Systeme oder digitale Spieleplattformen – bleibt bei der Bemessung außen vor. Diese Investitionen verbessern die Sicherheit und modernisieren den Betrieb, wirken sich aber nicht mindernd auf die Abgabe aus. Damit wird Innovation de facto bestraft. Gerade für kleinere Standorte kann dieser Effekt langfristig zum Standortnachteil werden.
Solche Zahlen mögen abstrakt wirken, doch sie spiegeln die Realität vieler Betreiber wider. Vor allem in Regionen mit niedriger Besucherfrequenz oder hoher regulatorischer Dichte entsteht ein Szenario, in dem jede kleine Schwankung zum Problem wird. Umsatz bedeutet nicht automatisch Gewinn und genau das ignoriert das bestehende Modell konsequent.
Ein Flickenteppich mit Folgen: Bundesländer kochen ihr eigenes Süppchen
Ein Blick auf die jeweiligen Abgaben der Länder genügt, um zu erkennen: Von einheitlicher Strategie keine Spur. In Bayern gelten andere Sätze als in Sachsen und was in NRW steuerlich attraktiv ist, kann in Hessen zur Belastungsprobe werden. Ein echter Standortwettbewerb, allerdings nicht um die besten Konzepte, sondern um die geringste Abgabenlast.
Wer eine neue Spielbank plant, schaut längst nicht nur auf das Besucherpotenzial oder die Verkehrsanbindung. Entscheidend ist oft: Wie viel bleibt nach Abzug der Spielbankabgabe tatsächlich übrig? Und genau hier entsteht ein Ungleichgewicht, das langfristig zu einer Konzentration auf wenige Standorte führen kann, bevorzugt in Bundesländern mit moderater Abgabenpolitik.
Branchenvertreter fordern seit Jahren eine Harmonisierung. Eine einheitliche Abgabenstruktur oder zumindest ein klar definierter Korridor könnten für mehr Planungssicherheit sorgen. Doch das föderale System macht es schwer. Länder verteidigen ihre Spielräume, während Betreiber die Belastung mittragen müssen.
Online-Angebote verändern das Spiel und verschärfen die Diskussion
Der digitale Wandel macht auch vor der Glücksspielbranche nicht halt. Online-Casinos sind längst mehr als eine Randerscheinung in der Freizeit – sie sind eine ernstzunehmende Konkurrenz. Und das nicht nur wegen der Benutzerfreundlichkeit, sondern auch wegen der steuerlichen Rahmenbedingungen.
Seit 2021 gilt eine einheitliche Abgabe von 5,3 Prozent auf Einsätze bei Online-Spielcasinos. Klingt zwar fair, ist aber im Vergleich zur stationären Spielbank ein klarer Vorteil. Denn dort sind es nicht selten mehr als das Zehnfache, das abgeführt werden muss. Hinzu kommen strengere Auflagen, höhere Kosten und ein deutlich größerer Verwaltungsaufwand.
Das führt zu einer Schieflage im Markt. Der stationäre Anbieter kämpft mit Umsatzrückgängen, während der digitale Wettbewerber expandiert, weil er steuerlich begünstigt wird und strukturell effizienter ist. Die Forderung nach Gleichbehandlung ist daher mehr als verständlich. Ob über eine Senkung der stationären Abgabe oder eine Anpassung der Online-Regelung – ohne Reform verliert das System seine Balance.
Fazit: Eine Abgabe unter Druck und ein System mit Reformbedarf
Die Spielbankabgabe erfüllt wichtige Aufgaben. Sie finanziert Kultur, fördert den Sport, unterstützt Präventionsarbeit und ermöglicht soziale Projekte. Doch das System, auf dem diese Finanzierung fußt, zeigt Risse. Es ist starr, risikobehaftet und nicht an die Realität moderner Betriebswirtschaft angepasst.
Wer eine Abgabe erhebt, sollte auch berücksichtigen, ob der Abgabepflichtige wirtschaftlich dazu in der Lage ist. Genau das passiert bei der Spielbankabgabe nicht. Die Orientierung am Bruttospielertrag ignoriert die operative Wahrheit der Spielbanken und macht sie anfällig für externe Einflüsse, die nicht steuerbar sind.
Ein weiteres Problem liegt im Flickenteppich der Länderregelungen. Unterschiedliche Abgabensätze und -modelle verzerren den Wettbewerb ohne erkennbaren Nutzen. Die Online-Konkurrenz verschärft das zusätzlich und stellt das System infrage.
Im Klartext: Die Spielbankabgabe braucht ein Update. Eines, das den Spagat zwischen Gemeinwohlfinanzierung und wirtschaftlicher Tragfähigkeit tatsächlich meistert und nicht nur kaschiert, was längst überfällig ist.