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Ein Sachse bei den Mönchen im Kloster Sankt Georgenberg

Kloster Stankt Georgenberg (Bild: Thomas Wolf)
Kloster Stankt Georgenberg (Bild: Thomas Wolf)

Wer zwischen den Jahren zur Ruhe kommen will, ist in einem Kloster besonders gut aufgehoben. Keine Ablenkungen, Ruhe, gute Luft und tolle Menschen.

Warum ich fünf Tage in ein Kloster in Österreich ging? Zufälle sind die Ereignisse, die einem aus einem bestimmten Grund zufallen. So war es auch hier.

„Norbert“ hallte es durch unser Restaurant. Aber ganz langsam und fast von vorn. Vor genau zwei Jahren konnten wir Norbert Daut, einen ehemaligen Arvato Bertelsmann Manager, von unserer Software begeistern. Er besuchte uns in Dresden, dann haben wir uns zweimal auf halbem Wege in Erfurt für ein Strategie-Meeting getroffen und im November 2023 war dann der Gegenbesuch in seiner Heimat Marienfeld an der Reihe.

Wir hatten einen ausgedehnten Spaziergang, der uns an Trainingsplätzen diverser europäischer Top-Fußballclubs und Nationalmannschaften vorbeiführte. Als wir dann in Richtung Abendessen gingen, kamen wir am Marienfelder Kloster vorbei. Norbert sagte mir, dass es hier mal einen echten Mönch gab, den er sehr gut kannte, der jetzt in einem Kloster in Österreich lebt.

Ich selbst bin nicht getauft, aber sehr neugierig darauf, was es alles auf dieser Welt und darüber hinaus gibt. Zu Norbert sagte ich, dass ein Aufenthalt in einem Kloster schon länger auf meiner Bucket List steht und ob er denn einen Kontakt zu Pater Gottfried herstellen könne. „Kein Problem“, sagte er. Ich bedankte mich schon mal.

Im Restaurant der Klosterpforte, wir waren beim Hauptgang und in ein Gespräch über die Preiserhöhungen in der Gastronomie vertieft, rief plötzlich eine laute und klare Stimme: „Nooorbert, was machst du denn hier?“. Es war Pater Gottfried, der das Wochenende in Marienfeld weilte, da er noch Sachen abholen musste. Ich wusste ja, dass auf Norbert Verlass ist, aber dass das so schnell geht. Nun ja. Zufall eben.

Darum passte der Zeitpunkt perfekt

Die Jahre 2022 und 2023 waren für mich privat wie beruflich sehr aufregende Jahre. Es gab große Umbrüche in meinem Leben. Die Trennung von meiner Frau und der damit verbundene Verlust meiner Kinder, die ich jetzt leider nur noch alle zwei Wochen am Wochenende sehen kann. Kleine Erfolge und große Turbulenzen im beruflichen Umfeld. All das musste verarbeitet werden, und vor allem wollte ich mal richtig zur Ruhe kommen. Abschalten und Kraft für 2024 tanken, um mit 44 Jahren den kompletten Neustart mit Schwung, ohne emotionale Altlasten und mit einem klaren Plan angehen zu können. Ein Kloster in den Tiroler Alpen ist da sicherlich der richtige Ort.

Die Anreise nach Sankt Georgenberg

Von Dresden aus startete ich mit dem Auto, einem 20 Jahre alten Toyota Corolla, in Richtung Almanach. Die Fahrt war sehr angenehm, da zwischen den Jahren nicht so viel los war auf der Autobahn. Da ich Challenges mag, habe ich mir vorgenommen, den Durchschnittsverbrauch des Autos auf unter sechs Liter zu bringen. Ob das geklappt hat, kann ich aktuell noch nicht sagen, da ich zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Absatzes noch nicht tanken war.

Das Kloster selbst erreicht man nicht mit dem Auto. Für Gäste ist auf dem Parkplatz Weng Schluss. Die letzten Kilometer darf man dann auf dem Jakobsweg wandern. Hin und wieder kann man das Kloster in den Bergen schon sehen. Eine beeindruckende Holzbrücke, die mich irgendwie an Harry Potter erinnerte, öffnet den Zugang zum Kloster.


Die Ankunft im Kloster Sankt Georgenberg

Als ich mich für den Aufenthalt im Kloster entschied, trieb mich in erster Linie die Neugier an. Ich wollte etwas Neues kennenlernen, Impulse sammeln, meinen Horizont erweitern und etwas Ruhe finden. Durch meinen Grundsatz, dass Erwartungen die Grundlage für Enttäuschungen sind, bin ich im Prinzip frei von festen Vorstellungen gestartet. Klar habe ich mir vorab bei Google ein paar Bilder und Rezensionen angeschaut, die alle vielversprechend waren, doch kannte ich Hintergründe und Perspektiven der Autoren nicht. Aber so richtig schlimm sollte es nicht werden dürfen. ;-)

Der Aufstieg zum Kloster war nicht sonderlich anstrengend, dennoch hatte mein Körper eine gewisse Betriebstemperatur erreicht, sodass sich aufgrund der Temperaturen auf meiner schwarzen Mütze eine ansehnliche Reifschicht angesammelt hat. Es muss so 15.20 Uhr gewesen sein, als ich den Hof betrat. Auf einer Bank saß ein weißhaariger Mann mit schwarzem Hoodie und schwarzer Hose und genoss die Sonne.

Er stellte sich als Matthias vor und dass er selbst auch Gast sei. Wir kamen schnell ins Gespräch. Er erklärte mir, dass die Mönche noch bis circa 15.45 Uhr beim Gottesdienst seien und sich dann jemand kümmern würde. Zur Überbrückung organisierte er mir einen Kaffee – damit war die Grundstimmung gelegt. Ich hatte zwar noch keinen Schlüssel, fühlte mich aber schon angekommen.

Pater Gottfried begrüßte mich später, gab mir den Schlüssel zu meinem Zimmer und zeigte mir das Gästehaus des Klosters. Er erklärte mir die Abläufe hier und gab mir einen kurzen Abriss zur Geschichte des Wallfahrtsortes. Das Benediktinerkloster Sankt Georgenberg gehört seit 1967 zur Benediktinerkongregation von Sankt Ottilien in Oberbayern.

Der Alltag mit den Mönchen und den Gästen

Die Mönche leben in einem ritualisierten Alltag und machen ihren Gästen das Angebot an diesem freiwillig teilzuhaben. Der Tag beginnt mit dem Morgengebet um 6 Uhr. Danach gehen die Mönche frühstücken. Gäste haben die Möglichkeit zwischen 7.30 und 8.30 Uhr zu frühstücken. Wer am Gebet teilgenommen hat, kann auch direkt mit den Mönchen essen.

Um 12 Uhr steht das Mittagsgebet an. Im Anschluss essen Mönche und Gäste gemeinsam im Stillschweigen. Wobei Stille bedeutet, dass niemand während des Essens spricht. Ein Grund für die freiwillige Ruhe ist das hervorragende Essen. Ein 3-Gänge-Menü, das von einem ehemaligen 2-Haubenkoch zubereitet wird. Ein weiterer liegt darin, dass nebenher die Tischlesung läuft – aktuell das Hörbuch zur Biografie von Gregor Gysi.

Zwischen 14.30 und 16.30 Uhr kann dann Gebäck und Kaffee oder Tee zu sich genommen werden. Vor dem Abendessen, das circa 18.45 Uhr beginnt, begeben sich die Mönche um 18.00 Uhr zum Abendgebet, der Vesper.

Nach dem Abendessen versammeln sich Mönche und Gäste zur Rekreation, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn es einen Anlass gibt, dann schenken die Mönche auch mal einen Likör oder Wein aus – und wer will, findet immer einen. ;-)

20.00 Uhr findet dann das Nachtgebet, die Komplet, statt. Im Anschluss gehen die Mönche in die Stille.

Gute Verbindung zu Gott und ins Internet

Die Mönche haben einen festen Draht zu Gott, für alle anderen Verbindungen nutzen sie das Satellitennetzwerk Starlink von Elon Musk. Und wer schon einmal beobachten konnte, wie die Satelliten in einer Kette durch den Nachthimmel ziehen, könnte an einen Rosenkranz denken. Damit wäre dann auch eine Verbindung zur Kirche hergestellt. ;-)

Der Klosterhund Plotin

Gemeinsam mit den Mönchen wohnt auch Plotin, ein junger Berner Sennenhund, im Kloster. Namensgeber ist ein bedeutender Philosoph der Spätantike. Plotin lebte von etwa 204/5 bis 270 n. Chr. und gilt als der Hauptvertreter und Begründer des Neuplatonismus, einer philosophischen Richtung, die sich stark an den Lehren Platons orientiert. Plotins Philosophie hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die nachfolgende westliche Mystik und Metaphysik und prägte maßgeblich das christliche, jüdische und islamische Denken in der mittelalterlichen Philosophie.


Der Hund Plotin ist ein Abenteurer, der gern mal klammheimlich nach dem Gottesdienst mit den Teilnehmern das Kloster verlässt und allein Richtung Tal läuft. Meist wartet dort aber schon Pater Gottfried, der dank eines GPS-Senders immer weiß, wo er ist. Hin und wieder läuft er auch bis zum Rathaus und wird dort von den Damen und Herren mit Leckerlis versorgt.

Das Kloster Sankt Georgenberg

Das Kloster Sankt Georgenberg, das majestätisch im Karwendelgebirge thront, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die von Katastrophen, künstlerischer Meisterschaft und spiritueller Bedeutung geprägt ist. Ursprünglich im frühen Mittelalter gegründet, erlitt das Kloster im 14. und 15. Jahrhundert schwere Rückschläge durch Pestepidemien und Brände. Besonders tragisch war das Jahr 1348/49, in dem ein Großteil der Klostergemeinschaft der Beulenpest zum Opfer fiel. Im Laufe der Zeit wurde das Kloster mehrmals durch Brände zerstört und wieder aufgebaut, zuletzt im 17. Jahrhundert, als es nach einem Brand ins Inntal verlegt wurde.

Die Architektur und Kunst des Klosters Sankt Georgenberg sind beeindruckend. Die ältesten Teile zeigen romanische Einflüsse mit charakteristischen Rundbögen, später kamen gotische Erweiterungen hinzu. In späteren Jahrhunderten wurden barocke Renovierungen vorgenommen, die sich in üppigen Fresken und kunstvollen Holzarbeiten zeigen. Die Klosterbibliothek beherbergt wertvolle Manuskripte und eine Sammlung von Kunstwerken, die die tiefe Verwurzelung des Klosters in der Tradition und Geschichte widerspiegeln.


St. Georgenberg dient auch heute noch als Wallfahrtsort und ist bekannt für seine Nachtwallfahrten in den Sommermonaten. Diese finden traditionell am 13. Mai jeden Jahres statt und ziehen viele Besucher an. Das Kloster ist nur zu Fuß erreichbar, wobei die "Hohe Brücke" einen spektakulären Zugang bietet. Die Wanderung durch die Wolfsklamm ist eine beliebte Route, die Besucher aufgrund ihrer spirituellen und landschaftlichen Schönheit schätzen.

Das Kloster ist nicht nur ein Ort tiefer Spiritualität und eines der ältesten Wallfahrtsorte in Tirol, sondern auch ein beeindruckendes Beispiel klösterlicher Architektur und Kunst. Jedes Element des Klosters, von den Fresken bis zu den skulpturalen Darstellungen, erzählt eine Geschichte von religiösem Eifer und künstlerischer Meisterschaft. Das tägliche Leben der Mönche ist geprägt von Ritualen, Gebeten und einer tiefen Verbindung zur Spiritualität, wobei sie sich sowohl der körperlichen Arbeit als auch der geistigen Hingabe widmen.

Das Kloster Sankt Georgenberg hat seine Gemeinschaft 2019 wieder an den ursprünglichen Ort, den St. Georgenberg, verlegt. Das zuvor genutzte Stiftsgebäude im Tal, das Stift Fiecht, wurde im Jahr 2018 an den Unternehmer Christoph Swarovski verkauft. Er plant, dort verschiedene Kultur- und Bildungseinrichtungen zu etablieren. Die Mönche des Klosters betreuen heute am St. Georgenberg eine traditionsreiche Wallfahrt und empfangen Pilger und Gäste.

Die umfangreiche Sanierung des Klosters Sankt Georgenberg, durchgeführt zwischen 2018 und 2019, wurde nach den Plänen des Architekten Benedikt Gratl realisiert. Diese Renovierung zielte darauf ab, das historische Erbe des Klosters zu bewahren und gleichzeitig moderne Anforderungen zu erfüllen. Im Zuge dieser Sanierung entstand auch ein hochwertiges Gästehaus, das die Pilger und Gäste des Klosters in einer ansprechenden und zeitgemäßen Umgebung empfängt.

Mein Fazit zum Klosteraufenthalt

Ich kam ohne Erwartungen, jedoch in Vorfreude auf eine neue Erfahrung und wurde nicht enttäuscht. Der Blick auf die Berge, die Luft, die Ruhe und vor allem die von Herzen kommende Freundlichkeit aller Menschen, die ich hier kennenlernen durfte, hat mich echt begeistert. Ein wunderbarer und kraftgebender Jahresausklang nach einem sehr bewegenden und mein Leben verändernden Jahr 2023.

PS: Der Kraftstoffverbrauch lag übrigens bei 6,1 Liter. Damit ich das Ziel zwar knapp verfehlt, aber für einen über 20 Jahre alten Toyota sehr akzeptabel. Ich wünsche allen einen guten Start ins neue Jahr..