Wer sich im Auto ans Steuer setzt, justiert meistens ganz selbstverständlich Fahrersitz, Lenkradposition und Rückspiegel. Die Füße sollen die Pedalerie, die Hände das Lenkrad gut in Reichweite haben. In der Regel bedeutet das: Die Sitzposition entspricht ungefähr dem, was bei einem Unfall für den optimalen Schutz durch das Zusammenspiel von Airbag und Sicherheitsgurt nötig ist. Doch nicht nur auf dem Fahrersitz ist die richtige Sitzeinstellung entscheidend für die Sicherheit. Das gilt mindestens genauso auf der Beifahrerseite, erklären die Sachverständigen von Dekra auf Basis von gezielten Crashtests.
„Die Tests zeigen sehr eindrücklich, welchen Einfluss die individuelle Anpassung der Sitzposition an den Körperbau auf die Unfallfolgen hat“, so Mike Mitzschke, Leiter der Dekra-Niederlassung in Dresden. „Bei falscher Sitzposition geht der Schutz durch Gurt und Airbag weitgehend verloren.“ In drei Versuchen wurden drei baugleiche Fahrzeuge mit jeweils drei unterschiedlich großen Dummys gecrasht. An Bord waren der so genannte „50-Prozent-Mann“ (175 cm Körpergröße, 78 kg Gewicht), die „5-Prozent-Frau“ (154 cm, 52 kg) und ein Prototyp des Herstellers Humanetics. Dieser „Elderly Dummy“ (161 cm, 73 kg) stellte mit seiner veränderten Verteilung der Körpermasse eine ältere Frau dar.
Die drei Dummys saßen bei jedem der drei Crashversuche im Wechsel auf dem Fahrersitz, auf dem Beifahrersitz und auf der Rückbank. Dabei wurde der Fahrersitz jeweils individuell so eingestellt, dass Pedale und Lenkrad gut erreichbar waren. „Der Beifahrersitz blieb dagegen bei allen drei Versuchen in einer mittleren Position“, erklärt der Dekra-Experte. „Diese Position hatten wir zuvor durch eine eigene Erhebung in realen Pkw sowie durch eine Auswertung von Unfalldaten als die Einstellung ermittelt, die in der Realität am häufigsten ist.“
Insbesondere auf der Beifahrerseite ergaben die Crashtests erhebliche Unterschiede bei den Unfallfolgen. „In der mittleren Sitzposition zeigte sich nur für den ‚50-Prozent-Mann‘ ein gutes Zusammenspiel des Rückhaltesystems aus Sicherheitsgurt und Airbag“, so der DEKRA Sachverständige. „Für die ‚5-Prozent-Frau‘ hätte die beste Sitzposition zum einen höher, zum anderen aber deutlich weiter vorn gelegen.“ Beim „Elderly Dummy“ führte der tiefere Körperschwerpunkt zu einem stärkeren Eindringen des Dummys in die Sitzfläche, so dass er beim Aufprall unter dem Beckengurt hindurchtauchte.
„Dieses so genannte ‚Submarining‘ erlebt man auch dann, wenn die Rückenlehne zu flach eingestellt ist“, erklärt der DEKRA Fachmann. „Sowohl der Schultergurt als auch der Beckengurt können dann ihre Rückhaltewirkung nicht im nötigen Maß entfalten. Um es klar und deutlich zu sagen: Liegen und Lümmeln sind für Beifahrer im Ernstfall lebensgefährlich.“
Und noch eine Warnung ist dem Dekra-Niederlassungsleiter besonders wichtig: „Wenn Beifahrerinnen und Beifahrer die Füße auf dem Armaturenbrett ablegen, kann das bei einem Unfall schwerste Verletzungen verursachen“, erklärt er. „Falls in dieser Position der Airbag auslöst, werden die Knie Richtung Kopf geschleudert, der Beckengurt hat keinen Halt an den Beckenknochen und kann tief in den Bauchraum eindringen. Die Füße sollten unbedingt im Fußraum bleiben.“
Wie also sieht die richtige Sitzeinstellung auf der Beifahrerseite aus? „In Längsrichtung sollte der Sitz nur so weit nach hinten verstellt sein, dass der Abstand zwischen Knien und Handschuhfach etwa drei Finger breit ist“, sagt der Experte. Wichtig ist auch die Sitzhöhe, die sich in vielen modernen Fahrzeugen ebenfalls einstellen lässt. „Hier gilt dasselbe wie für den Fahrer: Augenhöhe ist etwa auf der halben Höhe der Windschutzscheibe.“ Die Rückenlehne sollte möglichst aufrecht stehen, so dass die Schultern Kontakt zur Lehne haben. Was die Einstellung der Kopfstütze angeht, rät der Sachverständige: „Der Abstand zwischen Kopfstütze und Kopf sollte möglichst gering sein. Die Oberkante der Kopfstütze liegt eher hoch, im Idealfall ungefähr an der Oberkante des Kopfes.“