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Tillich appelliert an europäische Werte

Bundesratspräsident Stanislaw Tillich hat in Budapest der Opfer der blutigen Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn vor 60 Jahren gedacht. Zugleich appellierte er bei einer Feierstunde im Parlament in Budapest an die europäischen Werte, die Motivation für Menschen sein müssten, «die auf der Welt immer noch in Unterdrückung und Diktaturen leben müssen». 1956 hätten die Ungarn nicht nur für ihr Land gekämpft, «sondern für einen ganzen Kontinent», sagte Tillich. «Für ein Europa, in dem sich die Menschen nach Frieden, Freiheit und einem Ende der Teilung sehnten.»

Tillich erinnerte daran, dass Ungarn 1989 Tausenden Menschen aus Ostdeutschland mit der Öffnung der Grenze nach Österreich den Weg in die Freiheit öffnete. «Dafür werden wir Deutsche immer dankbar sein.»

Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit seien die Werte, die das Zusammenleben in Europa prägten «und die Europa zu etwas Besonderem machen», sagte Tillich. «Wenn wir heute über unsere Zukunft sprechen, dann sollten wir uns an den langen und schwierigen Weg in die Freiheit erinnern. Besinnen wir uns auf unsere gemeinsamen europäischen Werte», forderte er.

Auch wenn der Aufstand 1956 durch die Sowjetarmee blutig niedergeschlagen worden sei: «Die Sehnsucht nach Freiheit erwies sich als Sieger», sagte der Präsident der ungarischen Nationalversammlung, Laszlo Köver. Am 25. Oktober 1956 hatten Sicherheitskräfte vor dem Parlament in Budapest erstmals das Feuer auf aufbegehrende Bürger eröffnet. Viele Menschen starben. Die Sowjetarmee schlug den Volksaufstand schließlich blutig nieder.

Der polnische Sejm-Marschall Marek Kuchcinski sagte, die Geschichte zeige, dass Europa starke Nationalstaaten brauche. «Wir lehnen die Politik der Vereinheitlichung der europäischen Völker entschieden ab.» Er erinnerte an die gemeinsame historische Vergangenheit der Ungarn und Polen. «In Polen und Ungarn wissen wir, was der Preis für die Freiheit ist. So sind wir für die rasche Erneuerung der EU», sagte Kuchcinski unter langem Applaus der Parlamentarier.

Die Abgeordneten der sozialistischen MSZP waren der Feierstunde ferngeblieben. Wegen des umstrittenen Referendums des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban boykottieren sie Parlamentssitzungen seit Wochen.

Tillich, der den Besuch mit der Teilnahme an einer Feier im Denkmal für die Opfer des Volksaufstandes begonnen hatte, traf auch zu Gesprächen mit Präsident Janos Ader und Orban zusammen. Dabei wollte er neben den deutsch-ungarischen Beziehungen auch über «europäische Themen» sprechen, hatte zuvor angekündigt.

Auch von der sächsischen Opposition war er aufgefordert worden, «der aggressiven Rhetorik Orbans gegenüber der Europäischen Union und auch gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich» zu widersprechen, sagte Grünen-Landtagsfraktionschef Volkmar Zschocke.

Für Tillich war es die letzte Auslandsreise als Bundesratspräsident. Ab 1. November übernimmt turnusgemäß die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) das Amt.

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: dpa / Peter Endig