loading

Nachrichten werden geladen...

Schmidt: Pandemie wird Wandel in Kohlegebieten nicht bremsen

Thomas Schmidt (CDU), Minister für Strukturentwicklung, Ländlicher Raum und Bau in Sachsen. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
Thomas Schmidt (CDU), Minister für Strukturentwicklung, Ländlicher Raum und Bau in Sachsen. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Sachsens Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (CDU) geht nicht davon aus, dass die Corona-Pandemie den Strukturwandel in den Braunkohleregionen bremsen wird. «Im Gegenteil: Die Projekte werden die Konjunktur beflügeln», sagte der 59-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Sicher werde der Druck auf die Ausgaben des Bundes in der Pandemie wachsen, Wünsche größer als Möglichkeiten sein. Es sei aber ein großer Erfolg, dass der Beschluss des Bundestages noch vor der Sommerpause 2020 kam. Ob er angesichts der Pandemie und ihrer finanziellen Folgen heute noch so fallen würde, sei eher fraglich.

Für den Kohleausstieg erhalten die Länder Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt bis zu 40 Milliarden Euro. Auf Sachsen entfallen 25,2 Prozent, also knapp 10,1 Milliarden Euro. Für Projekte im sächsischen Teil der Lausitz sind knapp 6,9 Milliarden Euro vorgesehen, für Vorhaben im Sachsen-Teil des mitteldeutschen Reviers 3,2 Milliarden Euro. Schmidt zufolge gibt es für Landesprojekte in der Lausitz Fördermittel im jährlichen Umfang von 120 Millionen Euro, im Revier bei Leipzig sind es 54 Millionen Euro. Antragsberechtigt sind Land, Kommunen und kommunale Strukturen wie Zweckverbände. Zehn Prozent der Mittel müssen kofinanziert werden.

Laut Schmidt können finanzschwache Kommunen vom Land noch einen Zuschuss für ihren Anteil an der Kofinanzierung bekommen. Auf diese Weise liege die Förderung bei maximal 97,5 Prozent. «Wenn ich aus 100 000 Euro ein paar Millionen Euro machen kann, sollte das Ansporn sein, die Kofinanzierung aufzubringen.» Leider dürfe man bei rund 3,5 Milliarden Euro der Gesamtsumme nur Dinge fördern, die eine Mitwirkung des Bundes in den Ländern erlauben. «Wir dürfen wirtschaftsnahe Infrastruktur wie ein Gewerbegebiet fördern, aber nicht die Straße dahin. Wir dürfen die energetische Sanierung der Schule fördern, aber nicht deren Neubau. Das trifft auf viel Unverständnis.»

«Wir müssen den Strukturwandel von seinem Ende her denken. Das Ziel besteht darin, Wohlstand und Lebensqualität in den betroffenen Regionen zu erhalten oder auszubauen», sagte Schmidt. Nur so würden Menschen dort leben bleiben oder sogar hinziehen. Deshalb sei der Ausbau der Infrastruktur nötig. Es gehe aber vor allem darum, gut bezahlte Arbeitsplätze zu erhalten. «Es gibt oft ein falsches Bild der Kohlegebiete als wirtschaftsschwache Region. Dabei sorgen Bergbau und Kraftwerke hier sogar für ein überdurchschnittliches Lohnniveau.» Eine Chance bestehe auch darin, aus dem Aufbau von Forschungseinrichtungen Arbeitsplätze entstehen zu lassen.

«Wir müssen aber beachten, welche Firmen schon vor Ort sind und welche Themen dort bearbeitet werden», betonte der Minister: «Wenn Unternehmen nur deshalb in eine Region gehen, weil es dort eine entsprechende Förderung gibt, sind sie auch schnell wieder weg.» Zudem gelte es aufzupassen, dass bei Neuansiedlungen ortsansässigen Mittelständlern nicht die Arbeitskräfte weggenommen werden: «Viele kleinere Firmen haben Angst, dass ihnen die Leute weglaufen. Das darf man nicht unterschätzen». Schmidt geht davon aus, dass auch nach Abschalten der Kraftwerke noch viele Jobs für deren Rückbau und die Rekultivierung der Tagebaue bestehen bleiben.

«Beim Strukturwandel ist viel Psychologie im Spiel. Deshalb ist es völlig falsch, diese Kohleregionen immer negativ darzustellen», sagte der Minister. Die Regionen hätten viel Potenzial. Durch eine gute Verkehrsanbindung ließen sich Metropolen wie Berlin, Leipzig oder Dresden schnell erreichen. «Diese Entwicklung hat längst eingesetzt, das machen die Grundstückspreise deutlich.» Junge Familien würden vermehrt aufs Land ziehen, weil das Leben für sie dort entspannter ist. «Vor ein paar Jahren standen Umgebindehäuser in der Lausitz noch zum Verkauf, heute bekommt man keines mehr.» Vielleicht werde die Pandemie diesen Prozess sogar noch beschleunigen.

Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH