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Kretschmer Regierungschef in Sachsen

Sachsen hat einen Generationswechsel an der Spitze des Landes vollzogen. Mit Michael Kretschmer wählte der Landtag am Mittwoch einen erst 42 Jahre alten CDU-Politiker zum Regierungschef. Bei der geheimen Wahl bekam er 69 von 122 möglichen Stimmen. Da die schwarz-rote Koalition über 77 Mandate verfügt, stimmte auch mehr als ein halbes Dutzend Koalitionäre nicht für ihn - für Kretschmer lediglich Ausdruck einer lebendigen Demokratie. Er war als einziger Kandidat angetreten und löst den 58 Jahre alten Stanislaw Tillich (CDU) ab, der Sachsen neuneinhalb Jahre regierte.

Kretschmer verfolgte das Votum neben seiner Lebensgefährtin auf der Tribüne des Parlamentes. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses nahm er noch auf dem Balkon das Wahl an. Wenig später wurde er im Plenum vereidigt. Kretschmer will nach eigenem Bekunden Ministerpräsident aller Sachsen sein und auch jenen die Hand reichen, die ihn nicht gewählt haben. Er gehe mit Demut, Freude, Respekt und Ehrfurcht in das Amt, sagte er. Am kommenden Montag werde er ein neues Kabinett mit Frauen und Männern vorstellen, die «anpacken wollen». Es gehe darum, die Sorgen und Wünsche der Menschen aufzunehmen.

«Ich möchte ein Ministerpräsident sein, der zuhört», betonte Kretschmer. Er sei unglaublich gespannt und hochmotiviert. Streit gehöre zur Demokratie dazu. Die Frage sei aber, wie man ihn austrage. Man sollte eine Kultur des Streites und der Auseinandersetzung pflegen - «hart, aber nicht verletzend, friedlich und sachlich.» Die Abgeordneten und die Regierung müssten da ein Vorbild sein.

Kretschmer äußerte sich auch zur Lage im Bund. Er sei in Sorge über die Entwicklung. So etwas habe die Bundesrepublik noch nicht erlebt: «Das ist keine gute Zeit.» Auch international sei Deutschland immer ein Ort der Stabilität gewesen, «ein Fels in der Brandung.» Dass SPD und FDP parteipolitische Interessen in den Mittelpunkt stellten und nicht das Wohl des Landes, sei keine gute Entwicklung, erklärte der Politiker, der viele Jahre im Bundestag saß.

«Ich hoffe, dass es gelingt, zügig zu einer Einigung zu kommen. Ich halte überhaupt nichts von einer Minderheitsregierung», stellte der neue Ministerpräsident klar. Kompromisse seien in der Politik immer notwendig. Deswegen mache man Koalitionsverträge. Eine Minderheitsregierung sei dagegen eine «freies Spiel der Kräfte».

Während die CDU-Fraktion dem neuen Regierungschef die Unterstützung zusicherte, äußerte sich die Opposition skeptisch. Die Verjüngung an der Regierungsspitze sei nicht gleichbedeutend mit Erneuerung, sagte Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. «Herr Kretschmer hat sich gleich von Anfang an als verlängerter Arm einer selbstgenügsamen rechtskonservativen Weltanschauung präsentiert», meinte er.

Mit einem neuen Ministerpräsidenten könnten die Weichen in Sachsen jetzt in Richtung Zukunft gestellt werden, sagte Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke. «Doch dazu müsste sich Michael Kretschmer quasi neu erfinden.» Als langjähriger CDU-Generalsekretär habe er die relevanten Entwicklungen der sächsischen Staatsregierung in den vergangenen Jahren mitzuverantworten.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Frank Kupfer, wies auch die Vielzahl von Aufgaben hin, die vom neuen Regierungschef nun schnell zu erledigen seien. «Auf unsere konstruktive Begleitung kann er sich verlassen», versprach Kupfer. CDU-Generalsekretär Peter Tauber bezeichnete Kretschmer als «richtigen Mann» für die anstehenden Aufgaben. Zugleich dankte er Tillich für dessen Einsatz.

Die SPD versprach nach der Wahl Kretschmers Handlungsstärke in der gemeinsamen Koalition. «Wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit Michael Kretschmer die drängenden Probleme unseres Landes zügig anpacken werden. Wir haben bereits gemeinsam Lösungswege aufgezeigt», sagte SPD-Fraktionschef Dirk Panter.

Neben vielen Glückwünschen erhielt Kretschmer auch Präsente, beispielsweise Sonnenblume und Regenbogenfahne von den Grünen. Die Linken übergaben ihn unter anderem ein Plakat, auf dem in winziger Schrift der komplette 1. Band des «Kapitals» von Karl Marx abgedruckt ist. «Ich habe die Geschenke leider noch gar nicht alle ausgepackt», bat der neue Regierungschef Neugierige um Nachsicht.

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: dpa / Jan Woitas

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