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Flutschäden: Letzte Etappe für die St. Mariental-Schwestern

dpa / Nils Holgerson
dpa / Nils Holgerson

Fast zaghaft plätschert die Neiße hinter dem Kloster St. Marienthal an diesem Morgen in Ostritz. Nur einen Steinwurf entfernt liegt das Nachbarland Polen. Königin Kunigunde von Böhmen sucht 1234 diesen idyllischen Platz für die Nonnen des Zisterzienserordens aus. Über die Jahrhunderte verteidigen die Schwestern ihr Refugium gegen die Hussiten, die Reformation und die SS. Hitler Helfer wollen den frommen Ort 1945 noch sprengen. Die letzte Prüfung der Schwestern aber liegt erst acht Jahre zurück.

Äbtissin Elisabeth Vaterodt steht mitten in der Kreuzkapelle im Denkmal-Areal. Ihr Blick wendet sich im Rokoko-Bau nach oben in die Kuppel zu einem wunderbaren Fresko von Franz Xaver Karl Palko (1724-1767). Dann wandern ihre Augen die Wände herunter. Auf gut zwei Meter Höhe vom Boden verläuft im Kirchenbau ein fast unsichtbarer Strich. «Bis dahin reichte das Wasser im August 2010. Mit dem Abschluss der Bauarbeiten in der Kapelle begeben wir uns auf die letzte Etappe bei der Beseitigung dieser Flutschäden», sagt die Vorsteherin.

Nur zu gut erinnert sich die Schwester an die Nacht vom 7. auf den 8. August. Es regnet in diesen Tagen ununterbrochen. Die plätschernde Neiße verwandelt sich in einen reißenden Fluss. Bis 2.00 Uhr in der Nacht steigt das Wasser höher und höher. «Evakuieren haben wir uns nicht lassen. Wir wussten, dass wir in den oberen Räumen gut aufgehoben sind», sagt die Äbtissin. Ohne Strom harren die Schwestern auf dem abgeschnittenen Areal aus. Erst am Abend können sie die Gebäude verlassen. Weite Teile ihres Klosters liegen da unter einer Schlammlawine begraben.

Schon wenige Tage später beginnt die Schadensaufnahme. «Anfangs dachten wir, in fünf Jahren haben wir den Wiederaufbau geschafft», sagt Vaterodt rückblickend. «Aber», fügt sie ein, «nach dem Hochwasser 1897 haben die Schwestern 30 Jahre gebraucht, um alles wiederherzustellen. Sie haben damals höchstwahrscheinlich vieles selbst gemacht. Wir bekamen Hilfe von allen Seiten». Herausforderungen gab es trotzdem im sonst eher spirituellen Klosterbetrieb genügend zu meistern.

Bei der Sanierung der Kreuzkapelle aus dem Jahr 1755 ging es nach den Worten des Bauingenieurs Werner Vaterodt um eine «nachhaltige Instandsetzung und Modernisierung, um die denkmalgeschützte Bausubstanz auch vor erneuten Hochwassern zu schützen». Zuerst musste das Gebäude getrocknet werden. Anschließend wurden der weiße und farbige Stuckmarmor, die Altargemälde und die vier Alabaster-Stuck-Figuren restauriert. Um Bauschäden durch Nässe in Zukunft vorzubeugen, wurden Wandtemperierungen eingebaut. Eine Abschottung zwischen Kapelle und Gruft wurde aus klimatechnischen Gründen installiert.

Die Ruhestätte der Opernsängerin Henriette Sonntag (1806- 1854) bleibt so zukünftig für immer verschlossen. Über jene Künstlerin berichteten übrigens seinerzeit die Zeitungen landauf, landab. Berühmte Künstler wie Carl Maria von Weber, Ludwig van Beethoven, Hoffmann von Fallersleben und Johann Wolfgang Goethe waren von ihr begeistert. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere erkrankte sie während einer Gastspielreise in Mexiko an Cholera und starb. Ihr letzter Wunsch war, nach Marienthal, wo ihre Schwester Juliana als Nonne lebte, überführt zu werden.

Solche Geschichte können jetzt Besucher des Klosters wieder hören, wenn sie einen Abstecher in die Kreuzkapelle machen. Eine erste Möglichkeit bietet das Kapellen-Fest am 2. und 3. Juni, bei dem auch die Kapelle wieder feierlich geweiht wird. Insgesamt sind in ihre Sanierung 340 000 Euro geflossen - Förderungen aus dem Bund, dem Freistaat, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Spenden und auch Eigenmittel. Über 50 Baufirmen haben sich nach Angaben von Vaterodt an der Wiederherstellung von Deutschlands ältestem Zisterzienserinnenkloster beteiligt. Auf der allerletzten Etappe müssen nun noch die Hochwasserschäden in Propstei, Gesindestube und Orangerie beseitigt werden.

Mit dem Zieleinlauf sind dann rund 15 Millionen Euro in Sanierung und Restaurierung der zum Kloster gehörigen Gebäude und der Ausstattung nach dem Augusthochwasser 2010 geflossen. Im Blick hat die Äbtissin noch einen verbesserten Hochwasserschutz für das Areal. 1,3 Millionen Euro würde eine solche Maßnahme kosten. «Wir Schwestern sind immer darauf angewiesen, dass es Menschen gibt, die gern spenden», sagt sie.

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: dpa / Nils Holgerson